Volltext: Die Zweierschützen im Weltkrieg 1914 - 1918 3. Heft (3. Heft / 1933)

23* 
175 
Schritte hinter der gestürmten Stellung schon wieder Halt zu machen, wo doch die Russen 
beinahe gleichen Schritt hielten und ihr Feuer schon längst auf 730 lag, als es unsere 
Truppen passierten. Jede Bewegung braucht eine Strecke, bis sie zum Stillstand gebracht 
werden kann. 
Durch das Fehlen der Honved, die beinahe zur Gänze in den Händen der Russen 
waren, verschob sich unser Regiment unwillkürlich mehr gegen den östlichen Talhang. Run 
stand Hauptmann Aspöck im Tal, Kawinek am Hang und Major Damaschka auf der das 
Tal begleitenden Höhe. Auf der korrespondierenden Höhe westlich, am Klementy, hatte 
Oberst Unger eine Besatzung, wie schon erzählt, aus den Trümmern der alten Front im 
provisiert. 
Aus den Berichten erfuhr ich nachträglich: Als ich mit Oberst Unger auf dem Klementy 
weilte, wo er das geschilderte Meisterstück vollführte, war Major Damaschka zufällig zum 
Generalmajor Schönauer gekommen, dem Brigadier der östlichen Nachbarbrigade, mit der 
der General selbst aber in diesem Augenblick keinen Kontakt hatte, so daß er also ohne 
Truppen war. Generalmajor Schönauer ließ sich von Major Damaschka unsere Situation 
schildern. Er fühlte sich bemüßigt, Anordnungen zu treffen über die Besetzung des Hanges, 
die auch ohne diese Anordnungen sicher in gleicher Weise erfolgt wäre. Wenn aber General 
major Schönauer, wie er es angeblich getan haben soll, daraus ein Recht ableitet, zu be 
haupten, er hätte die Besetzung durchgeführt und hätte das Regimentskommando Land 
wehrinfanterieregiment Nr. 2 ersetzen müssen, so stimmt dies mit dem tatsächlichen Gang der 
Ereignisse nicht. 
Bald kam der weitere Rückzugsbefehl über den Pruth, wo uns am Olchowiec eine 
vorbereitete Stellung erwartete. Dort hinter dem Flußlauf sollte dem Regiment eine Zeit 
lang ein ruhiger Stellungskrieg beschieden sein. 
Die Schlacht war zu Ende. 
Ich nehme für mich das Urteil eines Unbefangenen und Unparteiischen in Anspruch, 
der nicht darauf angewiesen ist, schön zu färben oder gar die Wahrheit zu beugen. Als 
solcher muß ich sagen, daß ich im Kriege nur in der Zeit Ende Jänner und anfangs Fe 
bruar 1915 während der Karpatenoffensioe beziehungsweise beim Rückzug über die schnee 
verwehten Karpaten Kämpfe mitgemacht habe, die vielleicht um die Schrecken des Winters 
vermehrt, noch ärger waren als die Kämpfe in dieser Juliwoche. 
Trotz der weiteren Verschärfung, daß ich damals Zugs- und Kompagniekommandant 
war, also in vorderster Linie kämpfte, kann ich sagen, daß sich damals die Verantwortung 
und die Sorge nicht so beklemmend auf mein Herz legte, als in manchen Situationen der 
hier geschilderten Rückzugskämpfe, wo mir bei der Zentrale des Regimentskommandos an 
der Seite meines Obersten die ganze Last und Wucht der Verantwortlichkeit zum Bewußtsein 
kam. Ich lernte da von neuem all die großen und übergroßen Sorgen des Regiments 
kommandanten kennen, die keine Stunde aussetzen und immer wechseln. 
Ilm so größer erscheint mir da die Gestalt meines damaligen Regimentskomman 
danten Oberst von Unger, dessen Leistungsfähigkeit nie erlahmte, im Gegenteil von Tag zu 
Tag wuchs, je mehr er uns Adjutanten und die Truppe unter der unaufhörlich anstürmen 
den Arbeit, Anstrengung und Gefahr ermüden sah. 
Leider erlaubt es die mehr als fünf Vierteljahre alte Erinnerung nicht mehr, im ein 
zelnen zu schildern wie geistesgegenwärtig, belebend und vorbildlich er in jedem Falle eingriff, 
wie er mit starker Hand und der jedem einzelnen angepaßten Behandlung die Regiments 
maschine immer in flottem Gang erhielt. Die Tage vom 1. bis 4. Juli, wo er persönlich zum
	        
Waiting...

Nutzerhinweis

Sehr geehrte Benutzerin, sehr geehrter Benutzer,

aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Webtechnologie, die im Goobi viewer verwendet wird, unterstützt die Software den von Ihnen verwendeten Browser nicht mehr.

Bitte benutzen Sie einen der folgenden Browser, um diese Seite korrekt darstellen zu können.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.