Volltext: Pfarrblatt der kath. Pfarre Marchtrenk 2015 / 04 (2015 / 04)

MARCHTRENKER PFARRBLATT 3 Es gibt Begegnungen mit Menschen, die Licht in mein Leben bringen Ich habe als Vater von drei Kindern, drei Mal das Glück erfahren, die Geburt eines Kindes mitzuerle- ben. Jenen unbeschreiblichen Moment, das Baby zum ersten Mal in den Armen zu halten und ihm in die Augen zu sehen. Der Versuch, dieses Gefühl zu beschreiben, ist zum Scheitern verurteilt. Beim mobilen Einsatz des augenmedizinischen Teams von LICHT FÜR DIE WELT im Südsudan traf ich in der Stadt Bor Aluat – eine junge Bäuerin. Als Aluat 31 Jahre alt war, erkrankte sie an Grauem Star. Bei der Arbeit auf dem Feld sieht sie die Maispflanzen nur verschwommen. Aluat kümmert sich weiter, so gut es geht, um ihren kleinen Sohn, kocht für die Familie und versorgt das Vieh. Doch innerhalb weniger Monate ändert sich Aluats Leben dramatisch. Ihr Ehemann bekommt hohes Fieber und verstirbt binnen weniger Tage. Aluats Sehvermögen wird schlechter, sie erblindet. Und – sie ist schwanger. Aluat ist in einer aussichtslosen Situation: Eine blinde, schwangere Witwe mit einem 2-jährigen Sohn, in einer der ärmsten Regionen der Welt. In der jede Familie bangt, ob die Vorräte an Mais und Sorghum bis zur nächsten Ernte reichen. Die Voraussetzungen für ein gutes Leben könnten kaum schlechter sein. Ihr Schwager nimmt Aluat bei sich auf. Sie bringt ihr zweites Kind zur Welt, ein kleines Mädchen. Liebevoll nimmt sie das Baby in ihre Arme, stillt es und streichelt die weiche Haut. Sehen kann sie ihre kleine Tochter nicht. Eines Tages erfährt Aluat von einem Mann aus dem Nach- bardorf, der blind gewesen war und nach einer Augenopera- tion wieder sehen kann. Zwei Mal pro Jahr würde ein Augen- arzt in die Stadt Bor kommen und blinde Menschen operie- ren – egal ob sie Geld haben oder nicht. Aluat macht sich – geführt von ihrem Schwager – auf den Weg zur Augenstation. Der Fußmarsch dauert einen ganzen Tag. ‚Du wirst wieder sehen können‘ sagt die freundliche Krankenschwester. Die Operation dauert nicht mehr als 20 Minuten. Es ist auch für mich ein ganz besonderer Moment, als Aluat am Morgen nach der Operation der Au- genverband abgenommen wird. Staunend beginnt sie, ihre Umwelt mit den Augen wahrzunehmen. Nach Monaten der Blindheit kann Aluat wieder sehen! Die Freude der jungen Frau, ihr eigenes Kind zum ersten Mal zu sehen, ist unbeschreiblich. Aluat brachte Licht in mein Leben. Weil sie zeigt, dass es manchmal in unseren Händen liegt, eine unerwartete positi- ve Wendung in das Leben anderer Menschen zu bringen. Mag. Rupert Roninger Gedanken für den Tag, Adventzeit, Ö1 GASTGEDANKEN
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