Volltext: Ueber den Mangel an Aerzten auf dem Lande in Oberösterreich und über die Mittel einer Abhilfe dagegen, mit besonderer Rücksicht auf die Frage der Wiedererrichtung der chirurgischen Lehranstalten

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Studium au bett Hochschulen des Reiches bereits früher aufgehoben worden war, mit der A. h. Entschließung vom 20. März 
1871 kundgemacht im Verordnungsblatte des hohen Ministeriums für Cultus und Unterricht VI. Stück Nr. 56, die 
Auflassung der chirurgischen Lehranstalten zu Lemberg, Olmütz und Salzburg mit der Modalität, daß der Beginn des 
Studienjahres 1871/2 als letzter Termin für die Aufnahme von Schülern festgesetzt wurde. 
Noch in demselben Jahre ergriff die o. ö. Statthalterei die Initiative in Betreff der Auflösung der 
chirurgischen G r e nt i e n ; es erging nämlich nüt deut Statthalterei-Erlasse vom 23. November 1871, Zahl 
11.127 an die Bezirkshauptmänner in Wels, Nied, Steyr itttb Linz die Aufforderung, in dieser Hinsicht Bericht zu 
erstatten. Motivirt war dieser Erlaß durch die Anzeige des Bezirkshauptmannes in Ried über die Wahl der dortigen 
Gremial-Vorstehuug, und wird darin auf die seit dem Bestände der Gremial-Ordnung vom Jahre 1820 gänzlich 
geänderten Verhältnisse, insbesondere auf die bevorstehende gänzliche Aufhebung der chirurgischen Lehranstalten hingedeutet. 
Mit der Verordnung des hohen Ministeriums für Cultus und Unterricht vom 15. April 1872, R.-G.-Bl. 
Nr. 57, wurde auf Grund der Ah. Entschließung vom 11. April 1872 eine n c tt e R i g o r o s e n o r d n u n g f it r die 
medizinische Fakultät an den Universitäten erlassen, und im § 1. derselben die Verpflichtung der Ablegung von 
drei medizinischen Rigorosen als Bedingung zur Erlangung des Doktorates der gesammteit Heilkunde und der damit 
verbundenen Berechtigung zur Ausübung sämmtlicher Zweige der ärzlichen Praxis festgestellt. Diese Bestintmnng, womit 
in Zukunft nur Eine Classe von Aerzten geschaffen wurde, war eine natürliche Consegnenz der Aufhebung 
der chirurgischen Lehranstalten. Eine weitere Consequenz war die Anbahnung der Gleichberechtigung zur Praxis für die 
noch bestehenden Wllndärzte, welche mit dem Reichsgesetze vom 17. Februar 1873, R.-G.-Bl. Nr. 25, ausgesprochen 
wurde, womit zugleich im §. 2 der äußerste Termin für Erwerbung eines wnndärztlichen Diplomes, nämlich das 
Ende des Jahres 1875, festgesetzt wurde. 
Im Zusammenhange mit allen den erwähnten Verfügungen erging mit dem Erlasse des Hoheit Mittisterinms 
des Innern vont 23. März 1873, Z. 4235, an die Statthalterei der Auftrag zur Abgabe einer Aeußerung über die 
Aufhebung der chirurgischen Gremien, worüber mit dem Statthalterei-Erlasse vom 4. April 1873, Z. 3061, die Bezirks¬ 
behörden einvernommen wurden. Als Resultat dieser Erhebungen wurde unterm 25. Juli 1873, Z. 6445, von der 
Statthalterei an das Ministerium des Innern berichtet, daß das Gremium in Steyr faktisch nicht mehr existire mtd daß 
mit Rücksicht auf die bereits zur Thatsache gewordene Aufhebung der chirttrgischett Lehranstalten der Grential-Verband 
der Wundärzte wegen Mangel an Nachwuchs nicht mehr aufrecht zu haltert, daher die Auflösung der nur dem Scheine 
nach noch bestehenden Gremien in Ried, Wels und Linz unvermeidlich sei. 
Hiemit war nun die im Prinzipe bereits im Jahre 1848, also vor nahezu einent Vierteljahrhnnderte, geplante 
C r e i r u n g einer einzigen Katheg o r i e v o n A e r zten endlich zur Durchführung gesaugt und die 
Ausübung der Heilkunde in Hinkunft von jedweder gewerblichen Schranke emaneipirt. 
Alleilt schon im Jahre 1874 regte sich, wie bereits unter I erwähnt wurde, im o. o. Landtage die Besorgnis, 
es werde durch die Auflassuug der chirltrgischen Lehranstalten, namentlich in Salzburg, in den Gebirgsgegenden ein Mangel 
an ärztlichen Individuen Platz greifen, welchem nur durch den Fortbestand der Chirnrgenschulen begegnet werden sonnte. 
Diese Besorgnis hat auch in anderen Vertretungskörpern, und schließlich auch im Abgeordnetenhause des hohen Reichs- 
rathes Eingang gefunden, welches in zwei Sessionen, namentlich in der Sitzung vom 24. Mürz 1874 beschlossen hat, 
die R e g i e r n n g e i n z u l a d e n, u n t e r B e r ü ck s i ch t i g u n g der E r f o r d e r n i s s e d e r 
ö f f e tt t l i ch e tt Ges tt n d h e i t s p f l e g e t tt b e n b e t r e: f f e n b e tt Länder tt, die Frage der¬ 
gänz l i ch e n Auflösn tt g d e r ch i r tt r g i s ch eit 8 e h r a tt st a s t e n tt o ch nt als /z tt p r it f e tt tt tt d 
in d e r n ä ch st e tt Session üb e r d a s R e s n l t a t d i e s e r P r ü f n n g B e r ich t z u e r st a t t e n, 
bis d a h i tt aber m i t d e r gänzliche n A u f l ö s- n tt g e i n z u h a l t e tt. 
Ans diesent Anlasse wurde die Statthalterei mit deut Erlasse des hohen Ministeriums des Innern votn 
26. April 1875 aufgefordert, ein Gutachten in Betreff der Rückwirkung der Auflassung jener Lehranstalten ans die 
Sanitätspflege, namentlich in den Landbezirken, zu erstatten. Mit der Ausarbeitung dieses Gutachtens wurde der 
Landessanitätsrath beauftragt. Dieser hatte schon in der Sitzung am 12. Juli 1871 anläßlich der Berathung eines 
Entwurfes für die Organisation des Sanitätsdienstes in den Gemeinden sich dahin ausgesprochen, daß in Folge der 
bedeutenden Conenrrenz der Wundärzte die Niederlassung der Medizinä-Doktoren auf dem Lande erschwert und daß durch 
die gänzliche Aufhebung der chirurgischen Lehranstalten ein großer Schritt 'für die Erleichterung der Ansiedlung wissen¬ 
schaftlich gebildeter Aerzte gethan worden sein; daß die Chirurgenschule in Salzburg das Land Oberösterreich massenhaft 
mit Wundärzte bevölkerte, allein nicht etwa die armen Gebirgsgegenden, sondern die gesegneten Fluren des benachbarten 
Jnnkreises, und daß gerade dort, wo die Existenzbedingtingen für die Doktoren der Medizin die günstigsten sein sollten, 
das ungünstigste Verhältnis derselben zur Bevölkerung sich herausstellt. 
In der Sitzung des Laudessanitätsrathes ant 28. Mai 1875, worüber theilweise schon Lab I Erwähnung 
geschah, sprach sich derselbe entschieden gegen d i e R e a k t i v i r n n g des niederen medizinisch-chirurgischen Stndittms 
ans, und zwar ans denselbett Gründen, welche seinerzeit für die Auflassung dieses Studiums geltend gemacht wurden, 
welche insbesondere in der von Seite des Vereines der Aerzte Oberösterreichs beim hohen Landtage am 30. Sep¬ 
tember 1868 eingebrachten Petition näher ausgeführt und an oberwähnter Stelle im Kurzen berührt wurden; im be¬ 
treffenden Referate wird außerdem betont, daß selbst unter den Wundärzten anläßlich eines im Juli 1867 in Wiett
	        
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