Volltext: Kriegsrüstung und Kriegswirtschaft. Anlagen zum ersten Band (1,2)

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Kriegsrüstung und Kriegswirtschaft — Anlage-Vand. 
Nr. 4 
Auszug aus der Reicdsverfassung vom 16. April J87J 
Nach dem Abdruck im Reichsgefetzblatt 
XI. Reichskriegswesen. 
Artikel 57. 
Jeder Deutsche ist wehrpflichtig und kann sich in Ausübung dieser Pflicht nicht 
vertreten lassen. 
Artikel 58. 
Die Kosten und Lasten des gesamten Kriegswesens des Reichs sind von allen 
Bundesstaaten und ihren Angehörigen gleichmäßig zu tragen, so daß weder Bevor 
zugungen noch Prägravationen einzelner Staaten oder Klassen grundsätzlich zulässig 
sind. Wo die gleiche Verteilung der Lasten sich in natura nicht Herstellen läßt, ohne 
die öffentliche Wohlfahrt zu schädigen, ist die Ausgleichung nach den Grundsätzen der 
Gerechtigkeit im Wege der Gesetzgebung festzustellen. 
A r t i k e l 59. 
Jeder wehrfähige Deutsche gehört sieben Jahre lang, in der Regel vom voll 
endeten 20. bis zum beginnenden 28. Lebensjahre, dem stehenden Heere — und zwar 
die ersten drei Jahre bei den Fahnen, die letzten vier Jahre in der Reserve — und 
die folgenden fünf Lebensjahre der Landwehr an. In denjenigen Bundesstaaten, in 
denen bisher eine längere als zwölfjährige Gesamtdienstzeit gesetzlich war, findet die 
allmähliche Herabsetzung der Verpflichtung nur in dem Maße statt, als dies die Rück 
sicht auf die Kriegsbereitschaft des Reichsheeres zuläßt. 
In bezug auf die Auswanderung der Reservisten sollen lediglich diejenigen Be 
stimmungen maßgebend sein, welche für die Auswanderung der Landwehrmänner 
gelten. 
Artikel 60. 
Die Friedenspräsenzstärke des Deutschen Heeres wird bis zum 31. Dezember 
1871 auf ein Prozent der Bevölkerung von 1867 normiert und wird pro rata der 
selben von den einzelnen Bundesstaaten gestellt. Für die spätere Zeit wird die 
Friedenspräsenzstärke des Heeres im Wege der Reichsgesetzgebung festgestellt. 
Artikel 61. 
Rach Publikation dieser Verfassung ist in dem ganzen Reiche die gesamte preu 
ßische Militärgesetzgebung ungesäumt einzuführen, sowohl die Gesetze selbst, als die 
zu ihrer Ausführung, Erläuterung oder Ergänzung erlassenen Reglements, Instruk 
tionen und Reskripte, namentlich also das Militärstrafgesetzbuch vom 3. April 1845, 
die Militärstrafgerichtsordnung vom 3. April 1845, die Verordnung über die Ehren 
gerichte vom 20. Juli 1843, die Bestimmungen über Aushebung, Dienstzeit, Servis- 
und Verpflegungswesen, Einquartierung, Ersatz von Flurbeschädigungen, Mobil 
machung usw. für Krieg und Frieden. Die Militärkirchenordnung ist jedoch aus 
geschlossen. 
Rach gleichmäßiger Durchführung der Kriegsorganisation des Deutschen Heeres 
wird ein umfassendes Reichsmilitärgeseh dem Reichstage und dem Bundesrate zur 
verfassungsmäßigen Beschlußfassung vorgelegt werden.
	        
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