Volltext: Vor Pest, Hungersnot und Krieg verschone uns, o Herr! (3. Heft / 1920)

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Der größte Teil der Einwohner flüchtete. Nur ein Brauer und.zwei 
Wirte harrten mit der Obrigkeit tapfer aus. Ein höherer französischer Offi 
zier schritt inzwischen kräftig gegen die Unordnung ein. Er trieb die Betrun 
kenen mit Stockschlägen aus den Häusern, nahm ihnen möglichst die geraub 
ten Sachen ab und ließ diese den Eigentümern wiedev zustellen. Auf dem 
Marktplätze wurden 10 Grenadiere als Schutzwachen aufgestellt, so daß sich 
einzelne Bürger wieder in ihre geplünderten Wohnungen zurückwagten. Zn 
dieser Nacht 'wurden in den 105 Häusern des Ortes 6000 Mann einquartiert- 
Viele hundert Wachfeuer loderten in der ganzen Umgebung. 
Am 14. Dezember war die Schlacht auf dein Walserfelde bei Salzburg. 
Den ganzen Tag donnerten die Kanonen. Es gab in Teisendorf nicht Raum 
genug, um die 'Verwundeten Unterzubringen. Ein großer Teil wurde nach 
Traunstein «abgeführt. Viele von ihnen starben in Teisendorf. Das Be 
gräbnis war sehr einfach: sie wurden nackt ausgezogen und vor die Haustüren 
gelegt. Die Bauern mußten auf Anordnung der Obrigkeit die Leichname 
in dem benachbarten Schießmoos begraben. 
Nach dieser Schlacht hörten die Truppendurchzüge auf, Teisendorf erhielt 
aber eine liederliche Garnison. Der Hauptmann schien das Platzkommando 
über die Weinfässer übernommen zu haben; er „verkostete" öfter an einem 
Tage 17 Flaschen Ungarwein. Wie der Hirt — so die Herde. Die Sol 
daten lagen trunken herum und machten zahlreiche Raufhändel. 
Die Bürgerschaft machte eine Bittschrift an den in Salzburg weilenden 
Obergeneral, und dieser sandte einen neuen Platzkommandanten, der gute 
Manneszucht hielt. 
Den Beschluß der Durchzüge machte Ende März 1801 eine Schwadron vom 
2. Husarenregiment. Sie nächtigten in Deisendorf und gaben am nächsten Tage 
an, daß ihnen zwei Pferde entwendet worden seien. Die Sache wurde dem 
in Salzburg weilenden General gemeldet. 
Ohne weitere Untersuchung befahl dieser bei Androhung militärischer 
Exekution, daß die Pferde von der Gemeinde ungesäumt mit 300 Lire ersetzt 
werden sollten. Alle Gegenvorstellungen halfen nichts. Zwölf betrunkene 
Ghasieurs drangen in die Pflege ein, und einer sogar in das Zimmer des Pfle 
gers, der sich aus demselben nicht entfernen durfte. Um nun diese Trunkenbolde 
los zu werden, erjlegte man die abgepreßte Summe. Nun nahmen sie mit 
ihren gefüllten Beuteln, nachdem sie zuvor in den Gasthäusern Krüge und 
Fenster zusammengeschlagen hatten, ihren Abzug. 
Schlimm erging es dem außerhalb des Marktes gelegenen Dechantshof. 
Dort war am 12. Dezember vormittags noch- der österreichische General Görger 
einquartiert. Aber schon rollte der französische Kanonendonner von Oberteisen 
dorf her. Der General eilte fort, während die Kanonenkugeln um den De- 
chantsho> flogen. Dechant Steinwender mit seinen Geistlichen hielt mutig staM 
Da fielen die Franzosen wie ein Bienenschwarm ein, ließen sich den noch am 
Bratspieß steckenden, für die Kaiserlichen bestimmten Kapaun nebst Zutaten 
schmecken, packten das silberne Tischzeug zusammen und erpreßten an Geld 
«und Biktualien. soviel sie konnten. Dem Kooperator Riedel nahmen sie sogar 
die Schnallen von den Schuhen weg. 
Auch in den folgenden Tagen ließen sich ganze Kompanien im Dechants 
hofe nieder. 
Der gerichtlich aufgenommene Sachschaden im Pflegbezirk Deisendorf' 
betrug mährend der ersten zwei Wochen der Franzosendurchzüge die Summe 
von 225.502 Gulden. ‘ * 
Bon den zahlreichen Untaten der Franzosen in der Umgegend seien nur 
einige erwähnt: 
Als das Schneiderbauem-tzaus zu Freidling geplündert wurde, suchte die 
Bäuerin zu entfliehen. Allein es fiel ein Schuß, der die hochschwangere Frau 
nahe am Hause auf der Stelle tötete. 
Die alte Baumgärtner-Bäuerin zu Wimmern wurde durch den Kopf, ihre 
Tochter in den Fuß und der Poschenfohn zu Neukirchen sowie der Bauer 
zu Secierten in den Arm geschossen.
	        
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