Volltext: Zur Rettung des Getreidebaues

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muß direkt oder durch Importfirmen Getreide und Mehl einkaufen; sie A 
muß den Jnlandsverkaufspreis festsetzen; sie muß diesen Inlands» erkaufs- § 
preis sofort wieder korrigieren, weil ja das Mehl billiger sein soll als den ü ; 
Verkaufspreisen für Getreide entspricht; sie muß den jährlichen Bedarf ^ 
kalkulieren und daraus ihren voraussichtlichen Reingewinn berechnen und 
muß eben auf Grund dieser Berechnung die Korrektur des Mehlpreises vor- ^ 
nehmen; sie muß den Mühlen die Spannung aus den: Getreideeinkaufs- ^ 
Preis und den Mehlverkaufspreis vergüten; sie muß daher die gesamte 
Inlands- einschließlich der Lohnvermahlung beaufsichtigen, revidieren und 
kontrollieren: Ach Gott, das alles ist ein so prächtiges Feld für jede Art und m 
Form von Bürokratie, das alles ist eine fette Wiese der Kompliziertheit, in 
daß der kleine Apparat, von dem Dr. Dollfuß träumt, bald riesenhaft ge- ! j, e 
schwollen mitten in ihr stehen und sie kahlfressen wird. ^ 
Es hört sich ja ganz schön an: „Durch Ausbietung eines bestimmten ■ zp 
Quantums ausländischen Getreides zu einem erhöhten Preise wird auch der H 
Getreidepreis im Inland auf ungefähr die gleiche Preislage gehoben." m 
Und dann: „Die Einfuhrstelle bietet hierauf das ausländische Mehl, das sie er 
zur Ergänzung der Jnlandsproduktion auf den Gesamtbedarf ankauft, 
auf der Börse zu dem bereits im entsprechenden Prozentsatz verbilligten re 
Preise an. Die Folge ist ein zwangsläufiges Sinken auch des Preises des ; fj e 
Jnlandsmehles auf diesen niedrigen Betrag, der mithin geringer ist, als m 
er den Gestehungskosten des Mehles auf Grund der erhöhten Getreidepreise ^ei 
entspricht." vv 
Der erste Satz befriedigt die Landwirtschaft, der zweite den 
Konsum — und die Mühlen, die diese Sache zunächst entsetzt hören, J hy 
werden beruhigt, weil ihnen, wie später gesagt wird, die Differenz aus den 2ii 
tatsächlichen Gestehungskosten und dem niedrigeren Verkaufspreis ver- M 
gütet werden soll. Zm 
Aber es ist doch sehr zu überlegen, ob wir unsere Wirtschaft in diese g e ) 
ungeheuerliche Zwangsjacke stecken sollen. Ein Voilmonopol ist kaum t> ei 
so ungeheuerlich als die Inkonsequenz hoher R ohproduktenpreise mc 
bei niedrigen Preisen für das Fertigerzeugnis. Es ist dies ein 
wirtschaftliches Saltomortale, dessen Folgen sich bald in krassester Form pA 
zeigen würden. Abgesehen davon, daß der Überwachungsapparat unglaub- ver 
lich groß fern müßte, würde eine neue sehr geräumige Fundgrube für g ec 
allerlei Korruption geöffnet werden. Dr. Dollfuß hat selbst das Gefühl Ast 
dafür, daß es so kommen müßte, und er erarbeitet ein ganzes System von d-l 
Schlußbriefen, Vermahlungs- und llbernahmsscheinen usw., die von politi- hin 
scheu Behörden oder den Steuerämtern überprüft werden sollen und die so- j 
gar mit der Steuerzahlung verquickt werden können. Ich bin wirklich sehr xna 
überrascht, bei einem Manne, von dem ich glaubte, er stehe mitten im Prak- we: 
tischen Wirtschaftsleben, eine solche Sorglosigkeit in der Veramtung stw 
der Wirtschaft zu finden. So wie in der unvergeßlichen Zeit der Zwangs- ; per 
wirtschaft würde es wieder Strafen regnen, das Spitzelwesen käme zu neuer dar 
Blüte und der Apparat würde von unten bis oben mit neuen Akten, Erlässen, dau 
Verordnungen, Novellierungen usw. usw. gefüttert. Der neue Gesetzgeber, una 
also das neue Parlament, hätte zusammen mit der Bürokratie die ganze pgst
	        
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