Volltext: Katholische Dichtung

zeug hatte er nicht, aber er hatte wie alle Zigeunerifchen das Gefchick, aus zwei 
beliebigen Straßenfteinen Feuer zu fchlagen. So tat er diesmal auch, obzwar 
der Funke erft nach einigem Mißlingen kam, wobei er manche Schwerenot und 
manches Schockfchwerebrett zwifchen den Zähnen knurrte, zu großer Vergnügung 
feines Bübleins, das in aller Unfchuld die Flüche nachzuplaudern verfuchte. — 
„Schuftige Gefellfchaft!“ knurrte er wild. „Die ale Madam, die mich meine 
Bücher verbrennen will, un der fchwimmelige König, der dem Mahdi die Kour 
fchnitt, gut, doaß mei Kamifol zwifchenflog. Und die Murmeltier, die Paftores 
mit den Kröfen wie die Mühlftein — da zeigen fie uns an, wir find nifcht wert 
und Plöllenbraten. Da aber find alle als gut privilegiert für Zeit und Ewigkeit. — 
Bin iech doch ’n Efel, doaß iech ihnen den Streech nich fpielte, zu fagen, wer 
iech bin und wer fie find. — Du kleener Racker du, bift fchuld, verpuchts 
Früchtla!“ Er lacht und hebt das Kind auf fein Knie. 
„Aber du,“ fagte der Vagabund, „da haftu ja noch die roten Fleck, die fie dir 
angemalen haben?“ 
In der Eile, als er in aller Herrgottsfrüh aus der Käfern ausrückte, hat er dem 
Kind die Wundmale nicht abgewafchen; das ärgert ihn jetzt. Denn diefe Wund 
male bringen ihm wieder die ganz feltfame Bilderei ins Gedächtnis, wie fein 
Kind als Gottesfohn unter den Jungfern ftand, wie die Glocken läuteten und 
die Tromben bliesen. Er versäumte darüber die Gelegenheit, der Herzogin und 
dem erbärmlichen Klopftock die Wahrheit zu fagen, — er könnte fich jetzt, wo 
die böfen Geifter wieder die Oberhand in feiner rohen Seele gewonnen haben, 
prügeln für dies Verfäumnis. — 
„Komm, Sarmata, mein kleiner Polack du, ich wafch dir die Flecken fort!“ An 
den Fels tretend und den Mantel abftreifend, tunkt Schubarth einen Zipfel des 
Mantels in die heilige und heilfame Quelle und verfucht mit dem naffen Zeug, 
die Wundmale zu tilgen, die der Jefuit Harras fo groß und fo rot mit Deckfarbe 
gemalt und die Herzogin Friederike mit Firnis abgeklärt hat. 
Schwerebrett, die Mafen halten aber Farbe! Er reibt fie, fie blaffen etwas, gehen 
aber nicht weg. 
Verbiffen fagt er: „Du malefizierte Wirtfchoft, ich laß mein Kind nich fo ver- 
fchandelt herumleefen; vier fchundige Taler haben fie mich gezohlt; der Kuckuck 
foll fie holen!“ — Er überlegt, da ift der Teich, wenn er den Kleinen hinein 
taucht, geht die Farbe wohl ab, Dünner. Sein Pärfchla ift nicht wie die zärtlichen 
Pflänzgen der reichen Faulenzer; es badet mit Luft auch im Winter und hat 
noch nie den Schnupfen davon gekregen. „Krzyfio, da fchau das fchiene Waffer; 
fchau, da hupft a Frofch; willftu auch hineinhupfn? — „Tak, tak, ju, ju!“ 
Textprobe (gekürzt) aus: Enrica von Handel-Mazzetti „Das Reformationsfeft“. 2. Band von 
„Frau Maria“. Roman aus der Zeit Augufl des Starken. 465 Seiten. 
In Original-Leinenband M. 9.50 
„Ich las noch keinen historischen Roman, der seine Zeit derge* 
stalt bis in die engste kulturhistorische Zelle hinein eindringlich und 
dabei graziös verlebendigte, wie es dieser vermag, der seine Welt pham 
tastisch und exakt in die Zeit Augusts des Starken, in und um die 
Mauern und Höfe eines alten Reichsstift in Ablauf setzt . . . Alles, was 
geschieht ist bis in das letzte hinein erörtert und in der Sprache jener 
Tage sorgfältig kopiert.“ Hanns Job fl in: „Velhagen und Klaff ings Monatshefte“
	        
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