Volltext: Kämpfer an vergessenen Fronten

in einer besonderen Spionageschule ausgebildet und auch viel zu unwissend, um wirklichen Schaden anzurichten. 
Da aber die russischen Nachrichtenoffiziere und Oberagenten sür jeden dieser Spione 100 bis 200 Rubel 
erhielten, schickten sie immer neue Schlachtopfer durch die Linien und gaben jedem dieser Anglücklichen „ganze 
25Rubel" mit, während sie den Rest natürlich in der eigenen Tasche verschwinden ließen. Mitunter wurden 
diese „Agenten" auch mit Booten an der Küste ausgesetzt und lungerten nun plan-- und sinnlos im Lande 
herum. Sie wurden natürlich fast immer von unseren Gendarmen und Agenten sofort aufgegriffen und 
kurzerhand vor ein Kriegsgericht gestellt. Ich kann nicht behaupten, daß das Aburteilen solcher törichten 
jungen Menschen zu den Annehmlichkeiten gehörte. 
Besonders der Nachrichtenoffizier in Dünaburg zeichnete sich durch Aussenden von Straßendirnen 
und halbwüchsigen aus. Wie ich durch Agenten erfuhr, soll aber das Resultat fast immer negativ gewesen sein. 
Es kamen aber auch ernst zu nehmende Agenten mitunter durch die Front. So im Jahre 1915 sogar 
ein verkleideter russischer Oberst. Meine Leute waren Tag und Nacht unterwegs, um diesen Mann zu fassen — 
umsonst, der schlaue Offizier ging uns immer durch die Lappen. 
Bedeutend gefährlicher waren die in 
Litauen durch unsere Leute und von den 
Agenten der Geheimpolizei aufgegriffenen 
Spione und Spioninnen. Die letzteren 
waren nicht eigentlich Dirnen, sondern 
standen nur in Verkehr mit Russen und 
deutschen Soldaten, je nach Bedarf. Das 
eine Mädchen war die Nichte eines 
katholischen Priesters, eines Polen, der 
gleichfalls dringend spionageverdächtig 
war. Sie hielt Brieftauben und stand 
im Verkehr mit zurückgebliebenen Ver-- 
sprengten, von denen bekannt war, daß 
sie mit der russischen Front ihrerseits Ver¬ 
bindung unterhielten. Anter diesen Ver¬ 
sprengten befanden sich auch Offiziere, die 
unseren Etappentruppen noch im Winter 
1916/17 zu schaffen gemacht haben. Im 
Jahre 1915 war man noch milde, und trotzdem man bei dem Mädchen allerhand belastendes Material 
vorfand, wurde es nur nach einem Sammellager in Deutschland abgeschoben. Dasselbe passierte der russischen 
Spionin Emilie Sommerlatte. Dieses Mädchen war deutscher Herkunft, aber zum griechisch-orthodoxen 
Glauben übergetreten, nannte sich „Samurlajewa" und verstand kein Wort Deutsch. Das bildhübsche, 
fanatisch deutsch-feindliche Mädchen unterhielt mit einem versprengten russischen Offizier ein Liebesverhältnis. 
Eines Tages verhaftete mein Oberwachtmeister den berüchtigten russischen Spion Koschkin. Dieser 
Koschkin hatte ein Liebesverhältnis mit der Frau eines Gastwirts und wurde von dieser fast stets rechtzeitig 
gewarnt und auch mit Nachrichten versehen. In diesem Falle konnte man die Verlogenheit gewisser Weiber 
in geschlechtlichen Dingen recht gut studieren: es war unglaublich schwer für den Vertreter der Anklage und 
Antersuchungssührer, die sich immer widersprechenden Aussagen der Frau zu entwirren und zu einem richtigen 
Bilde zu kommen. Allerdings genügten die vorgefundenen Briefe und das halbe Geständnis des Angeklagten. 
Die Frau aber schüttelte die Lügen buchstäblich aus dem Ärmel und belastete ihren Geliebten ganz unnötig 
und falsch, nur um den eigenen Kopf aus der Schlinge zu ziehen. Alle Aussagen machte diese Frau unter 
ihrem Eid. Es gehörte schon eine gute Portion Leichtgläubigkeit und Formalismus dazu, immer wieder 
Polen, Letten und Litauer bei Prozessen zu vereidigen, sogar in Prozessen, die sich gegen deutsche Keeres- 
angehörige richteten. Wir Nachrichtenoffiziere und Beamte der Spionageabwehr kannten natürlich unsere 
„Pappenheimer" und wußten von vornherein, daß neun Zehntel aller eidlichen Zeugenaussagen dieser 
Menschen erlogen waren. Das russische Gericht der Zarenzeit verzichtete darum bei der Vernehmung
	        
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