Volltext: Kämpfer an vergessenen Fronten

drin steckte, und es war geglückt, das Auto war mir gefolgt, ich verschwand im Busch, und die Autos saßen 
zunächst einmal fest. Als ich gegen Abend meine Leute an der Palme traf, fand ich dort eine Werft von 
Buschleuten vor. — Die Nacht kam, es wurde kalt, aber Feuer konnte der Nähe des Feindes wegen nicht 
gemacht werden, auch die Buschleute dursteil nur in ihren kümmerlichen Pontocks glimmendes Feuer halten. 
Das Wasser lag vielleicht 300 Meter von uns und der Werft, dort brüllten Löwen, auf der anderen Seite 
ratterten Autos die ganze Nacht auf Namutoni zu. Ich lag mit trüben Gedanken auf meinem Sattel, da 
packte den Wachtmeister Straube der Dichtergeist. Er kam zu mir: 
„Kerr Rittmeister, zwischen Löwengebrüll und Autogerassel, 
Anter Palmen beim Buschmann, in so 'nem Schlamassel." 
Er hatte Recht, Wildnis und Kultur berührten sich hier wohl zum erstenmal. — Als der Morgen 
dämmerte, hieß es aus dem Busch herauskommen. Eingeborenenpfade gab es zwar, die zogen aber alle von 
West nach Ost und ich wollte nach Norden, um die Straße Namutoni-Tsumeb zu erreichen. Noch eine Nacht 
saßen wir im dichten Busch fest, endlich am Mittwoch, dem 7. Juli, um 8 Ahr vormittags, erreichte ich die 
Straße dicht bei der Farm Nakusib. Kolonnen von uns lagen da und meldeten, daß seit Montag 5 Ahr 
Waffenstillstand sei. — Da Nakusib Telephon hatte, meldete ich mich von dort aus beim Kommando 
und erhielt Befehl, bis auf weiteres dort liegenzubleiben. Interessant war in der Zeit ein aufgefaugenes 
Telephon von dem englischen General Brink in Namutoni an den General Maibaum, der mittlerweile in 
Tsumeb eingerückt war. Brink fragte: „Äabt Ihr jetzt die Schutztruppe?" Antwort: „Nein, wir haben 
3500 Mann, aber wo die Schutztruppe ist, wissen wir immer noch nicht." — Die Glücklichen ahnten immer noch 
nicht, daß diese 3500 Mann alles war, was wir an Menschenmaterial besaßen. 
Bis Freitag nachmittag zogen sich die Verhandlungen hin, bis endlich am 9. Juli nachmittags der 
Friede unterzeichnet wurde, der ja eigentlich nichts anderes war als eine Kapitulation, wenn auch in sehr 
ehrenhafter Form. 
Von Tag zu Tag hatte sich angesichts der dopp 
militärische Lage der Schutztruppe verschlimmert. 
Dr. Seitz auf Vorstellungen des Oberstleutnants 
Widerstandes in Verhandlungen mit Botha einzutre 
der Schutztruppe unter ehrenvollen Bedingungen. 
Brief des Majors a. D. Trainer. 
Der schwärzeste Tag der Schutztruppe von Südwest war der 9. Juli 1915. Von über zehnfacher Aber-- 
macht, ausgerüstet mit den modernsten Kriegsmitteln, gestellt, hatten der Gouverneur und Kommandeur 
beschlossen, die Truppe dem Interesse des Landes zu opfern. Wie schwer beiden Kerren ihr Entschluß geworden 
ist, kann nur der beurteilen, der die Stunden miterlebt hat, die zu dieser Entscheidung führten. Es blieben 
aber sür sie nur zwei Wege. Entweder wurde die Truppe zusammengeschossen, ohne dem Lande dadurch 
zu nutzen und ohne dem Gegner mit seinen weittragenden Geschützen etwas anhaben zu können, oder zu ver- 
handeln und zu versuchen, auf dem Verhandlungswege das bestmögliche für das Land zu erreichen. Der 
letztere Weg wurde gewählt. Er war für die Truppe wohl der härtere, für das Land aber der einzig richtige. 
Wenn sich unberufene Kritiker in verletzender Schärfe anders geäußert haben, so war in der Regel Ankenntnis 
der Verhältnisse daran schuld. Die Mehrzahl der militärischen und zivileil Bevölkerung hat aber ihre Kritik 
an den Vorgängen aus den verständlichen Schmerz eines unverschuldet ins Anglück geratenen Menschen 
beschränkt und würdig das schwere Schicksal auf sich genommen. 
Die Verhältnisse in den Kolonien liegen eben anders wie in der Keimat und sind mit ihnen nicht zu ver¬ 
gleichen. Auch ist es unmöglich, die Kolonien unter sich zu vergleiche«:. Alle derartigen Versuche müssen 
zu einem Fehlurteil führen und sollten deshalb besser ganz unterbleiben. 
Sicher ist aber, daß die Zivilbevölkerung vou Südwest dem Gouverneur und Kommandeur unendlichen 
Dank schulden, denn diese Herren haben ihre persönliche Ehre eingesetzt, um das Land und seine Bevölkerung 
vor einer Katastrophe zu bewahren. Wo das nicht anerkannt wird, liegt bodenloser Andank vor, und richtet 
sich der Kritiker selbst.
	        
Waiting...

Nutzerhinweis

Sehr geehrte Benutzerin, sehr geehrter Benutzer,

aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Webtechnologie, die im Goobi viewer verwendet wird, unterstützt die Software den von Ihnen verwendeten Browser nicht mehr.

Bitte benutzen Sie einen der folgenden Browser, um diese Seite korrekt darstellen zu können.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.