Volltext: Die Wölfe [42]

5|j uf dem Bahnsteig ist ein wüstes Gedränge von mehreren 
? ^--hundert Österreichern, meist sind es Tschechen, wahr- 
scheinlich Überläufer. Wir suchen nach einem Wagen zweiter 
Klasse. Ganz hinten finden wir einen, werden aber nicht 
hineingelassen. Die Posten drängen und werden unwirsch. 
Duinpf hallt das dritte Glockenzeichen durch die Nacht. Un* 
j sanft werden wir in einen Viehwagen geschoben, der bis 
oben mit Österreichern vollgestopft ist. In der Mitte ist ein 
Kanonenofen, rechts und links in drei Etagen Bretter, auf 
denen die Österreicher hocken. Niemand macht Platz. Ich schnauze 
die Kerls an, sage, daß ich deutscher Offizier bin, verwundet 
f und nicht stehen kann. Schadenfrohes Grinsen ist die Quittung 
der Tschechen. Schließlich springt von der dritten Etage ein 
Unteroffizier herunter und bietet mir seinen Platz an. Wir 
klettern hinauf und sitzen die ganze Nacht mit angezogenen 
Knien. So fahren wir einige Tage. Die Mannschaften be 
kommen Brot und ab und zu Suppen. Uns als Offizieren gibt 
man nichts zu essen, irgendwo später sollen wir Tagegelder be 
kommen, anderthalb Rubel pro Offizier. In Erwartung des uns 
zustehenden Geldes kauen wir hungrig die letzten Zuckerstücke. 
Nach zwei Tagen werden wir ausgeladen und nach stunden 
langem Begafftwerden im Wartesaal vierter Klasse in eine 
Kaserne gebracht. Hier sperrt man uns in ein Zimmer, in 
dem zwei leere Feldbetten stehen. Die Glieder taub von der 
tagelangen Fahrt im Viehwagen, sinke ich auf ein Bett. 
Bei einbrechender Dämmerung dröhnt ein tiefer, schöner Baß 
: in unser Zimmer. Der Ton ist wie eine große, schwere Kirchen 
glocke. Das ganze Zimmer ist voller Töne. Der Baß schweigt 
und macht einer großen Leere Platz, es ist, als hätten die 
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