Volltext: Die Wölfe [42]

Ich antworte also deutsch und lotse ihn wieder langsam 
ins Russische. Das sind peinliche Momente, in denen man 
blitzschnell überlegen muß bei sicherem Gefühl. 
Um zehn Uhr abends wälzt sich der steif gewordene Menschen, 
Haufen in Moskau aus dem Zuge. 
Ich gebe meinen Koffer im Handgepäck ab und eile in 
die fremde Riesenstadt, um möglichst heute noch Fräulein 
Margots Adresse aufzusuchen« 
Straßenbahnen verkehren nicht mehr, den Luxus einer 
Moskauer Droschke kann ich mir nicht leisten, weiß ja gar 
nicht, was mit Fräulein Margot ist, und ob ich nicht schon 
übermorgen ratlos mit dem letzten Rubel in der Tasche 
durch Moskau irre. 
In fünfunddreißig Minuten frage ich mich über die „Rote 
Pforte" zu der mir bekannten Adresse durch. 
Ein Viertel vor Elf schellt die Glocke. Nach bangem Warten 
öffnet sich ein Spalt der mit einer Sperrkette versorgten Tür. 
„Ist Fräulein ..... zu Hause?" 
„Nein, aber sie muß bald kommen." 
Gott sei Dank, sie ist also in Moskau. 
Eine halbe Stunde warte ich im Schatten einer Kirche. 
Eine Dame biegt um die Ecke. Ist sie es? Als Kind habe 
ich sie einmal gesehen. 
Sie steht nicht russisch aus, und ich trete unter einer Laterne 
dicht an sie heran. Stutzen, Fragen mit den Augen — da 
drückt sie mir schon die Hand. 
„Ich habe Sie gleich erkannt, Sie müssen Herr Dolck sein, 
nicht wahr? Heute kam ein ganzer Stoß Ihrer veralteten 
Depeschen aus P. Der Doktor, von dem ich gerade komme, 
hielt Sie für verloren!" 
O Seligkeit — Reiß hier, nicht hinter Schloß und Riegel! 
Ganz betäubt bin ich vor Freude. 
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