Volltext: Die Wölfe [42]

Der Doktor 
<T*yt; Winker taute, Frühlingsstürme brachten Revolution. 
Hinter der Planke neben meiner Baraks wurde ein 
Hauptmann von seinen Soldaten erschlagen. Rote Fahnen 
leuchteten blutig auf den Häusern der Stadt — eine neue 
Zeit, anders als andere, vielleicht schrecklich. 
Mein Schatten fiel von mir ab, da sich die Konvois weigere 
ten, besonderen Dienst zu leisten. Jetzt war es wieder Zeit 
zu schaffen, Gedanken und Hände zu rühren. 
Die russische Post beförderte wieder Briefe nach X>, die 
nur meinen Freundinnen verständlich waren. Bei einer 
kleinen Deutschen, die aus Patriotismus Kriegsgefangenen 
half, sammelte sich Geld, das mir über X. und direkt aus 
Moskau oder Dorpat geschickt wurde. 
Eines Tages zog ein österreichischer Offizier in Mannschafts- 
uniform in meine Baracke. 
Bleich, etwas menschenscheu stand er da. In Kleidung, 
Haltung, Gesicht war ein Schicksal zu lesen. 
Mer Monate hatte er nach mißglückter Flucht unter Spio- 
nageverdacht im Zuchthaus gesessen. Er war sehr müde und 
halbverhungert. 
Weil er mir ausnehmend gut gefiel und wir Leidensge- 
nossen waren, nahm ich ihn in meine Box, in der das zweite 
Bett leer geworden war. 
Ohne viele Worte beschnüffelten wir-mns gegenseitig, mal- 
ten Strich um Strich an unseren Bildern. 
Ruhige, kluge Augen blickten unter einer hohen Stirn, 
einem wahren Palast für große Gedanken. Hinter dieser 
Stirn lebten acht Sprachen, scharfe Beobachtung, Kritik und 
vielseitiges Wissen. 
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