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Schutz des Pächters gegen die willkürliche Kündigung
aufrecht bleibt. 1919 beantragte Pfarrer Gimpl in
der Nationalversammlung „die Ablösung des wirtschaft
lich schädlichen Großgrundbesitzes", heute verhindert die
staatsbeherrschende christlichsoziale Partei die Wiederauf
richtung der gelegten Bauerngüter. Für die Forderungen
des Arbeitsbauern, für sein Recht am uralten Gemeinde
gut, für die Enteignung aus Grund des Wiederbesiedlungs
gesetzes, für den Schutz der Pächter für die Steuerbefrei
ung des kleinsten und die Steuerermäßigung des kleinen
Besitzes tritt im Nationalrat wie im Landtag nur eine
Partei ein, die sozialdemokratische.
Im Nationalrat wurde 1919 über Antrag des Ge
nossen Gröger der Pächterschutz beschlossen. Da die be
zügliche Verordnung immer nur für ein Jahr gilt, weiß
kein Pächter, ob er etwa 1925 noch im Besitze seines Pacht
landes sein wird, was für ihn eine Existenzfrage ist. Er
ist dadurch in einen qualvollen Zustand der Unruhe ver
setzt, was die Verpächter, ausnahmslos schwerreiche Leute,
Großgrundbesitzer oder Großkapitalisten, zu unerhörten
Schikanen und maßloser Ausbeutung der Pächter aus
nützen.
Um dieser Notlage der Pächter ein Ende zu machen,
hat Genosse Schneidmadl im Nationalrate beantragt,
daß die Bestimmungen der Verordnung (die mit Ab
lauf des Jahres erlischt und mit Ende 1924 nach dem
Willen der Christlichsozialen und Großdeutschen überhaupt
»richt mehr erneuert werden soll) in ein Gesetz aufgenom
men werden sollen, weil ein Gesetz nicht so leicht aufge
hoben werden kann. Durch dieses Gesetz soll der Pächter
schutz aus einer unsicheren Institution in eine beständige
umgewandelt, der Pächterschutz ungefähr dem Mieter
schutz nachgebildet, die Kündigung wegen Eigenbedarfes
eingeschränkt und der Pächter gegen wucherische Zins-
sorderungen geschützt werden.
Die Großgrundbesitzer wollen aber von dieser Be
schränkung ihrer Rechte nichts hören und ihre christlich
sozialen Freunde im Nationalrat, die von ihnen 1200
Millionen für den Wahlfonds annahmen, müssen selbst
verständlich alles machen, was der reiche Kavalier an
schafft. Deshalb lehnen sie ab, die Pächterschutzverord
nung über den 31. 'Dezember 1924 bestehen zu lassen und
dulden es nicht, daß der Entwurf des Genossen Schneid -