Volltext: Richtlinien für die Agitation bei den Gemeindewahlen in Oberösterreich

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Gelegenheit gesagt werden, daß die bürgerliche Mehrheit 
kein Herz, kein Atom sozialer Gerechtigkeit für sie hat, und 
daß sie ihre geborenen Feinde wählen, wenn sie Christ 
lichsozialen oder Großdeutschen ihre Stimmen geben. 
Daß die Grausamkeiten und Infamien der alten ober 
österreichischen Dienstbotenordnung vom Jahre 1874, dieses 
ununterbrochenen, an der Landarbeiterschaft verübten Ver 
brechens, überhaupt beseitigt wurden, ist ein Verdienst der 
Sozialdemokratie. Den von uns eingebrachten Gesetzent 
wurf haben die Christlichsozialen zuerst ein volles Jahr 
verschleppt, dann, als die überreife Reform nicht mehr auf 
zuhalten war, verwässert. Sie durften es freilich nicht 
mehr wagen, jene schändlichen Bestimmungen aufrechtzu 
erhalten, die dem Dienstgeber das Recht gaben, den er 
krankten Dienstboten nach vierzehntägiger Krankheit ohrre 
Kündigung aus dem Hause zu werfen, seine Habe zu 
durchsuchen, als ob- er ein Verbrecher wäre, ihn in Lohn 
streitigkeiten der skandalösen Klassenjustiz der Gemeinde 
vorsteher auszuliefern, was alles in der Dienstbotenord 
nung vom Jahre 1874 angeordnet war, die die Klerikalen 
beschlossen hatten und bis zum Einzug der Sozialdemo 
kraten in den Landtag aufrechterhielten. Aber um jede 
positive Verbesserung der Lage des ländlichen Proletariats 
mußten wir im Landtage hart kämpfen und die meisten 
Anträge, die wir in dieser Beziehung stellten, wurden von 
den Christlichsozialen und auch von den nationalen Bau 
ern, die sich damals zur sogenannten Freiheits- und Ord 
nungspartei bekannten, niedergestimmt. Wir verlangten 
Urlaub für alle landlwirtschaftlichen Arbeiter, er wurde 
nur dort gewährt, wo die „lässigen" Feiertage nicht bei 
behalten wurden. Wir verlangten eine gesetzliche Fixie 
rung der Arbeitszeit, es wurde die unbeschränkte, der 
D r e i z e h nst und e nta g, beschlossen. Trotzdem wirst 
uns die unverschämte Demagogie der Christlichsozialen 
(siehe „Linzer Volksblatt" vom 13. und 27. Jänner 1924, 
Nr. 11 und Nr. 23) vor, wir wären schuld, daß de« Land 
arbeitern der Achtstundentag versagt blieb! In Wahr 
heit hatten wir im § 12 unseres Entwurfes einer Land 
arbeitsordnung berlangt, daß die Arbeitszeit durch vier 
Monate höchstens acht Stunden betragen tolle —, 
der Antrag wurde abgelehnt. Wir forderten eine beson 
dere Mehrentlohnung für alle Ueberstunden —, sie -wurde 
abgelehnt, und nur für Ueberzeitarbeit während der Nacht
	        
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