Volltext: Sterbende Welt

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Viertes Kapitel. 
Nach Mitternacht türmten sich Wolken auf und verdunkelten 
den Mond. Eine scharfe Brise erhob sich, die bald zum Orkan 
ausartete; Bäume wurden entwurzelt und Steine losgelöst, die 
mit Krachen den Berg hinunterrollten. Ich mußte mein Lager und 
das Feuer in eine windstillere Lage bringen, um den Schneeflocken 
zu entgehen, die der Sturm vor sich herpeitschte. Obwohl hier im 
Januar Hochsommer ist, lag doch am Morgen des Neujahrstages 
hier oben 30 Zentimeter Schnee, und ich erwachte im Anblicke des 
heimischen Winterbilddbä. 
Da sich das Wetter nicht bessern wollte, stieg ich ab, um ein 
andermal wieder hierherzukommen. Ich rutschte mehr, als ich 
ging; dabei kollerte ich über Steine und verlor die Richtung. Es 
wurde dunkel, in den Tälern regnete es in Strömen. Erst um 
12 Uhr nachts erreichte ich die Station, konnte aber nicht über den 
angeschwollenen Fluß. Ich rief und feuerte fünf Schüsse ab; endlich 
kam ein Schäfer und fragte, was es gebe. Ich ließ mir mein 
Pferd bringen, um das Wasser leichter passieren zu können. Durch— 
näßt und müde begab ich mich endlich zur Ruhe. 5 
Am 2. Januar bestieg ich fruhmorgens mit Herrn Carrow, 
einem Fischer, der am Ufer des Brunnersees eine einsame Hütte 
bewohnte, ein kleines Boot. Wir fuhren den Rangapuku abwärts. 
Der Fluß ist schmal, aber tief. Er schlängelt sich durch dichten 
Urwald zum See. Die Aste der Riesenbäume, die schleierzarten 
Facher der Baumfarne und die dichtgeflochtenen Ranken der 
Schlinggewächse bildeten über dem Wasser ein festgefügtes Dach, 
so daß wir oft nur mit Mühe, in liegender Stellung rudernd, 
weiterkommen konnten. Die Strahlen der Morgensonne ent⸗ 
zündeten an den zarten Schleiern der Farnwedel Tausende blinken— 
der Tautropfensterne. Der Wald erwachte. Die vielfältigen Stim— 
men der Vögel, des rauschenden Waldes und des murmelnden 
Wassers stimmten das ewige Lied der lebendigen Erde an. Blin⸗ 
kende Fische schnellten aus dem Wasser, und Enten und Taucher 
aller Art belebten die Fläche. Oft sperrten uns Baumleichen, die 
quer über den Fluß lagen, den Weg, und wir mußten den Kahn 
darüber heben. 
Nach langer wunderbarer Fahrt lichtete sich der Urwald, und 
bald glitt unser Boot auf den weiten, von einer leichten Brise
	        
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