Volltext: Oö. landwirtschaftlicher Kalender 1892 (1892)

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„Der liebe Himmel aber hat die G'schicht am allerbesten gemacht, 
und heut hab' i also das Geld für meine Tochter behoben. Und heut hab' 
i mir a meine Sparbüchsen genauer ang'schaut, in die i seit 20 Jahre 
freiwillig geopfert hab; is großmächtig, die Sparbüchsen, is a Haus mit 
4 Stöck' und steht in Wean, in der Kolingasse Nr. 15 und 17. 
„Wann i denk, wie mei Rest heut hupfen und springen wird, wann 
i das viele, viele Geld heimbring, wann i ihr's so hinzühl und wann i 
sag: So, Rest, da hast d'was zu aner Aussteuer, wann etwa Dein Herz 
schon zum Lieben ang'fangen hat, und wannst heiraten willst; da hast d', 
schau Dir d'rauf und sei glücklich!" 
Wie der Müller Michel a so g'redt hat, das is's g'west, als ob ma 
was blitzen hätt' g'seh'n in seinen Augen, und als ob a paar Tropfen 
herniederfall'n möchten; hat aber net lang dauert, kaum a Secunden, dann 
hat sich sein G'sicht aufg'heitert, und is' d' Sunn aufgangen. 
In der Wirtsstuben is's mänserlstad word'n. 
,,Wirt, zahl'n," hat der Stoan-Bauer g'stottert, und d'rauf hat er 
si' bfüat't von den andern ganz kleinlaut und verdrossen. 
Der alte Grieshuber hat sich g'räuspert und hat bedenklich sein schnee- 
weiß'n Kopf beutelt: „Dös hätt' i wissen soll'::!" 
Fünf oder sechs von den jüngeren Bauern aber sän auf'n Müller 
Michel zuagangen und hab'n g'sagt: 
„Du, Nachbar, schau, dös g'fallt uns von dir! Gelt, du verlaubst's, 
daß wir morign zu dir kummen, — denn du mußt uns 's no g'nauer 
verzähl':: und erklären, die G'schicht vom Versichern. Aus'n Gspaß is a 
Ernst word'n und von heut an heißt net umsonst mehr der Michel ,Voran'. 
X. 
Ein Wort an 
Wer seinen Acker fleißig baut 
Und dabei Gott de:u Herrn vertraut, 
Wer gleichermaßen wohl bemißt, 
Was er der Wiese schuldig ist; 
Wer seinen Viehstand sorgsam pflegt 
Und Futter stets in Vorrath legt; 
Wer jeden Handel bar besorgt 
Und nicht leichtsinnig kauft und borgt; 
Wer mit der Sonne früh aufsteht 
Und frisch an seine Arbeit geht; 
Am Sonntag ruht und auch den Geist 
Mit Gottes heil'gem Worte speist; 
Wer sich an Ordnung, Reinlichkeit 
In Haus und Hof und Stall erfreut; 
die Landwirte. 
Wer nach Beruf ein Bauernsohn, 
Verschmäht der Städter Kleid und Ton 
Und spricht bei allem Luxusschein: 
„Weil Bauer, will ich Bauer sein"; 
Wer mit den Seinen liest und hört, 
Was Herz und Geist erhebt, belehrt; 
Wer Habsucht und Verschwendung flieht 
Und seine Kinder fromm erzieht; 
Wer mäßig bleibt in guter Zeit 
Und gern entsagt in Noth und Leid; 
Wer auch in dem Geringsten treu, 
In Wort und Werk von Falschheit frei; 
Der hat gelernt die Lection, 
Mit dem wird's wohl im Hause stöhn.
	        
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