Volltext: Ein Wiener Wandteppich zur Erinnerung an die Schlacht bei Leipzig

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vollkommnung der Webestühle, und gar als man nach 1805 die 
Kraftstühle mit der Jacquard’schen Maschine verband, Muster jeder 
Art gearbeitet werden. In Wien wurde eine Jacquardmaschine das 
erstemal 1816 von Woitech und Willmann aus Holz her 
gestellt; bereits aus 1822 datiert ein Privilegium auf eine Schaft- 
und Jacquardmaschine für Seidenstoffe, das die Firma M. Sottil 
erhielt; 1882 versah Johann Seuffert seine Jacquardmaschine 
mit eisernen Gestellwänden, und so kann es uns nicht wundern, 
wenn bei diesen hervorragenden Neuerungen in der Technik der 
Weberei am 7. Oktober 1840 im niederösterreichischen Gewerbe 
verein öffentlich das Urteil dahin abgegeben wurde, Österreich habe, 
was Zweckmäßigkeit und Einfachheit der Hilfsmaschinen anlangt, 
das Mutterland der Jacquardmaschine überflügelt. 5 ) Den großen 
Einfluß des Jacquardstuhles auf die Wiener Weber schildert Emil 
Ertl in dem Schottenfelder Eoman „Die Freiheit, die ich meine.“ 
Einer der Anhänger am Alten nennt die Jacquards „Ludern“ 
(S. 121); aber andererseits (S. 127) heißt es: „So ein ganzer 
Saal mit Jacquards sieht aus wie eine Feerie. Wie ein vernünftiger 
Mensch benehmen sich solche Maschinen. Vernünftiger als mancher 
Weber ..." — Bedeutendes leistete das Wiener Kunstgewerbe 
schon vor der Erfindung Jacquards. Immer seltener und seltener 
werden solche Stücke; in den kunstgewerblichen Sammlungen und 
Museen findet sich wohl hie und da noch eine Probe. 
Ein interessantes Schaustück dieser Vorzeit, von hervorragendem 
historischen Werte, ein W i e n e r Erzeugnis, besitzt der o. ö. k. k. Uni 
versitätsprofessor Dr. Ignaz S e ip e 1. Es ist ein grünsamtner Wand 
teppich (siehe Illustration) mit kunstvoll eingewobener Inschrift, die in 
politischer, kunstgewerblicher und w o r t g e s c h i c h t- 
1 ich er Beziehung von nicht geringem Interesse ist. Erstens zeigt 
der Text, in welch hohrem Ansehen der russische Kaiser auch noch 
nach den Franzosenkriegen in Wien stand; sein Name ist an erster 
Stelle genannt. Zweitens gewährt das Webstück Einblick, auf welch 
hoher Stufe die Samtweberei in der Kongreßzeit im damaligen 
Vororte Sechshaus war. Der reizend ausgeführte Doppelaar und die 
25 Textzeilen sind ein Muster- und Meisterstück dieses Industrie 
zweiges. Solche Geschicklichkeit läßt begreiflich erscheinen, daß 
die Wiener Stadthauptmannschaft am 29. August 1816 Franz 
Seipel für seine Person die Befugnis erteilte, alle Arten Samt- 
und Seidenstoffe zu weben. Drittens fällt in Rücksicht auf die 
Wortgeschichte der Name Völkerschlacht auf; er bestätigt, wie 
das von Freiherrn von Muffling geprägte Wort 6 ) auch auf einen 
solchen Einrichtungsgegenstand übergegangen ist. 
5 ) Festschrift: „Die Großindustrie Österreichs“, Wien 1898. S. 14. 
6 ) Vgl. L a d e n d o r f, liistor. Schlagwörterbuch 828.
	        
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