Volltext: Heimat und Volkstum

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I. Die neuen Lehrpläne. 
Nicht die Wissenschaft, die Heimat gibt der 
Schule alles. W. Schremmer. 
Unsere Schulbehörden zeigen im allgemeinen blutwenig Anteilnahme am inneren 
Schulbetriebe; sie sehen ihre hauptsächliche Aufgabe in der Besorgung der verwal¬ 
tungsangele ge nh eiten. Ihr Verhältnis zum Schulunterrichte mutz sich aber 
dennoch in einigen Belangen bemerkbar machen, so in der Frage der Lehrpläne und dann 
in der Fürsorge für deren Durchführung oder Ermöglichung. 
Das Ausland war uns selbstredend auch in der Frage der Ausgestaltung der Schul¬ 
lehrpläne um ein paar Jahre voraus. Es würde hier zu weit führen, hier die Stellen 
aus den Lehrplänen für die „höheren Schulen" Ln preutzen und im übrigen Deutschen 
Reiche, sowie aus den Lehrplänen unserer Mittelschulen wörtlich anzuführen, welche sich 
mit der heimatkundlichen Ausgestaltung des Unterrichts befassen; ich will mich hier nur 
auf die Volksschule beschränken. 
Für preutzen bestimmt der MLnisterialerlaß vom 31. Jänner 1908: 
„Die Heimatkunde ist überall sorgfältig zu pflegen. Dies gilt nicht nur vom erd¬ 
kundlichen Unterrichte; auch die heimatlichen Geschichten, heimatlichen Sagen, Denkmäler, 
Bauten u. a. sind zu berücksichtigen; die Rinder müssen ferner die in ihrer Heimat haupt¬ 
sächlich vorkommenden Pflanzen, Tiere und Gesteine kennen lernen und zu dieser Rennt- 
ni§ nach Möglichkeit auch im Freien auf Spaziergängen u. dgl. geführt werden." 
Die Bestimmungen für die preußischen Mittelschulen (sie entsprechen unseren Bürger¬ 
schulen) vom z. Feber 1910 enthalten unter anderem folgende allgemeine Vorschriften: 
„Ziel ist das Heimischwerden des Rindes in dem Heimatort und in der umgebenden, 
die Eigenschaft des Ortes bedingenden Landschaft, sowie die Liebe zur Heimat. Der Unter¬ 
richt in der Heimatkunde bildet gleichzeitig die Vorbereitung für den Unterricht in Erd¬ 
kunde, Naturkunde und Geschichte." 
In den besonderen Bestimmungen über die Klassenziele werden diese Forderungen 
noch ins Einzelne gegliedert. Die Bestimmungen für die süddeutschen Staaten weichen 
nicht viel von den preußischen ab. 
Eine ganz besondere Sorgfalt widmen die neuen Lehrpläne für das volksschulwesen 
mit deutscher Unterrichtssprache Ln Böhmen vom Jahre 1911 dem Betriebe der Heimat¬ 
kunde; ihnen ist sie nicht nur allgemeiner Unterrichtsgrundsatz, sondern auch (auf der 
Mittelstufe) Unterrichts gegenständ, der alle vier Realienfächer, die hier in enger 
Beziehung miteinander als Gesamtunterricht auftreten, umfaßt. Ich hebe im folgenden 
die wichtigsten allgemeinen Bestimmungen heraus. 
Sachunterrrcht. 
Zusammenfassung auf dem gemeinsamen Boden der Heimat ist der leitende Ge¬ 
sichtspunkt. 
Unterstufe: Beseelende Auffassung der Umwelt. 
Mittelstufe (Heimatkunde): Perftandesmätzige Betrachtung der Umwelt. 
Oberstufe: Es wird der Übergang zur selbständigen Naturb etrachtung gesucht. 
Der Detaillehrplan hat im besonderen alle jene Verhältnisse zu betonen, die für den 
Schulort und den heimatgau von besonderer Wichtigkeit sind. 
Mittelstufe: Heimatkunde ist hier ein planmäßig ausgebauter Anschauungsunterricht, 
der die Heimat als Lebensgemeinschaft auffaßt und alles heranzieht, was uns die Heimat 
lieb und wert macht. — Sagen, Märchen der Heimat, Schilderungen von Sitten, Ge¬ 
bräuchen, Sprichwörter und volkstümliche Redensarten, Darstellungen landschaftlich oder 
geschichtlich merkwürdiger Orte. — Vergangenheit der Heimat. Den Ausgangspunkt 
bilden Spuren dieser Vergangenheit Ln der Heimat: alte Gebäuhe, Sagen und Erzählungen 
aus dem Volke, Ort-, Flur- und Familiennamen, alte Jahreszahlen und Inschriften usw. 
Die Tier- und Pflanzenwelt der Heimat Ln ihren verschiedenen Lebensäutzerungen während 
des Iahreslaufes. 
Oberstufe. Anleitung zu regelmäßigen und planmäßigen Beobachtungen, Erfahrungen 
find zu sammeln und hieraus die wichtigsten Gesetze abzuleiten.
	        
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