Volltext: Heimat und Volkstum

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schlechts einen ständigen Erwerb und rief dadurch eine ^freundliche Umkehr in den Ver¬ 
hältnissen des ganzen Ortes hervor. Man lese nur seine kleine, schon in zweiter Auf¬ 
lage erschienene Schrift „Ländlicher Hausfleiß in der Kaschubei" (Berlin 1914, Deutsche 
Landbuchhandlung). 
Weitere Beispiele der Anwendung und Berichte über Erfolge in diesen Arbeits- 
richtungen bringt die bereits erwähnte Zeitschrift „Das Land". Herausgeber dieser unge¬ 
mein anregenden „Zeitschrift für die sozialen und volkstümlichen Angelegenheiten auf 
dem Lande" ist Professor Heinrich Sohnrey in Berlin, ein lehemaliger Volksschullehrer. 
Sie erscheint halbmonatlich und kostet jährlich 10 Mark. Ich verweise hier weiter noch 
auf das in diesen Fragen grundlegende Buch von Sohnrey „Wegweiser für ländliche Wohl¬ 
fahrt und Heimatpflege". Es klärt über das ganze Arbeitsfeld in anschaulicher Weife auf. 
(2. Aufl. Berlin, 1900. 458 S. Gbd. M. 6.—. Deutsche Landbuchhandlung.) 
Zur Bekanntmachung und Einführung dieser menschenfreundlichen Bestrebungen bei 
uns ist eine umfassende 
Werbearbeit 
unbedingt erforderlich. 
Das von Kriegen zerwühlte siebzehnte Jahrhundert war von größter Friedens¬ 
sehnsucht erfüllt. Dieses Sehnen lebte in dieser dunklen Zeit auch in dem vom Kriegs¬ 
elende so furchtbar verfolgten Künder der neuen Schule, der ihr auch in seiner Schrift 
„vom ewigen Frieden" ergreifenden Ausdruck gab. Als der Franzose St. Pierre, ein Zeit¬ 
genosse unseres großen Erziehers, dem Kardinal Fleury den heute wieder so zeitgemäßen 
Plan eines ewigen Friedens und eines europäischen Reichstages überreichte, sagte der 
weise Kardinal: / 
„Ein wesentlicher Artikel ist darin vergessen, die Missionarien nämlich, die das 
herz der vertragschließenden Fürsten zu diesen Plänen geneigt machten". 
So werden auch diese Zeilen verlorene Mühe sein und bleiben, wenn nicht Werbe¬ 
arbeit geleistet, wenn nicht dafür Sorge getragen wird, daß diejenigen, auf die es an¬ 
kommt, für die Arbeit in der Richtung der heimatlichen Wohlfahrtspflege gewonnen wer¬ 
den. Dies hätte vor allem durch Unterricht zu geschehen. Außer der Lehrerschaft käme noch 
die große Schar der Gemeinde- und Bezirksausschußbeamten in Betracht, von denen die 
Schriftführer der kleineren Gemeinden leider sehr oft keine besondere Vorbildung für ihren 
gewöhnlich neben der Landwirtschaft oder einem Handwerk ausgeübten Beruf besitzen, die 
aber doch für die Durchführung aller dieser Arbeiten von größtem Einflüsse sind. Diese 
Leute müßten vorerst in eigenen Wanderkursen über die Beideutung der wichtigsten Fragen 
der Gesellschaftskunde, der Volkswirtschaft, der heimatpflege und deren Durchführungs¬ 
weise aufgeklärt werden. Ein ähnlicher Unterricht sollte die Lehrer auf ihre wichtige Sen¬ 
dung vorbereiten. Die bereits im Berufe befindlichen sollten nachträglich einen eigenen 
Sonderunterricht erhalten, damit sie den von der neuen Zeit gestellten Aufgaben mit Erfolg 
obliegen könnten, diesen Aufgaben, die sie zu Sendboten eines neuen goldenen Zeitalters, 
zu Erweckern neuer gesellschaftlicher Hochziele, zu Grundlegern für die Zukunft des Staa¬ 
tes und die Wohlfahrt und das Glück des Volkes machen. 
Wo ist der Säemann dieser schöneren Zukunft? Und wer wird ihn aussenden, damit 
er dem Glücke des Volkes einen Weg bahne durch die Gehirne und die Herzen der Geistigen 
und der Mächtigen? 
Arbeit für Lehrerfortb ildung im Sinne der Wohlfahrtspflege. 
In unserm Wirken für die Pflege der heimatlichen Wohlfahrt wandeln wir so recht 
in den Fußtapfen des Heilandes der Volkserziehung, Pestalozzis, der in Gat und Schrift 
(man denke nur an seine Arbeit in der Jugendfürsorge und an „Lienhard und Gertrud") 
für die Verbesserung der heimatlichen Zustände gearbeitet hatte. 
Ein deutscher Pastor, der Kreisschulinspektor Hermann Peters in Harburg, hat mit 
Erfolg versucht, die Wohlfahxtsbestrebungen Pestalozzis und seines Schülers Sohnrey in 
dem Unterricht der ländlichen Fortbildungsschule in den beherrschenden Mittelpunkt zu 
setzen. Er schrieb in diesem Sinne ein treffliches und auch sehr verbreitetes Lesebuch für
	        
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