Volltext: 33. Heft 1914/15 (33. Heft 1914/15)

7^WW~4fs*H 7wMbirgsdörfern sicherlich Truppen 
aufgefallen sein, die sich in ihrem 
Aussehen von dem der anderen 
- , Soldaten der österreichisch-unga- 
z." rischen Monarchie in so mancher 
1 Hinsicht wesentlich unterscheiden 
38 Der Rock ist grau wie der der 
|S K Jäger; am Kragenrand sitzt, 
- / wie bei diesen, ein grüner Tuch- 
sleck. Auf diesem aber prangt 
ein Edelweiß, während die mit 
X', [l'XFlaum verzierte Spielhahnfeder 
- s§lan der Mütze ihrem Träger 
"W ein kühnes Aussehen verleiht. 
W Stiefel mit besonderer Nagelung, 
/ Jj|§ Schneebinden, oft auch der Eis- 
■ L" Pickel, der Bergstock und das 
EBB Seil kennzeichnen diese Jäger, 
die sogenannten „Tiroler Landes- 
,schützen" (von Ausländern mit 
Vorliebe kurzweg als „Alpen- 
jäger" bezeichnet), als eine Ge- 
m j ^7%jg birgstruppe, die sich vermöge 
' v.-i . j §Imihrer Zusammensetzung ganz be- 
I? sonders für den Gebirgskrieg 
«8 eignet und auch für diesen aus- 
^H| gebildet wird. • Den Stamm 
iMfeJjfcivL „Wibilden, ebenso wie bei den Ti- 
roler Kaiserjägern, die kräftigen 
Söhne des schönen Landes Tirol. 
WM. WWW» Die Offiziere setzen sich aus 
Alpinisten zusammen, die sich 
»M #8 aus Liebe zum Sport und zum 
WjmGebirge in diese Truppen ver- 
setzen lassen. Unter ihnen finden 
sich Namen, die in der dpi» 
nistischen Welt einen guten Klang 
haben und deren Träger als 
■ kühne Kletterer oder Bezwinger 
«HE’ schwieriger Bergriesen Weltruf 
.9QK erlangten. Es gibt keine Anfor» 
IDD PW» .. ,‘i* derung des Gebirgskrieges, der 
diese Truppe, der natürlich auch 
• alle Bergführer angehören, nicht 
gewachsen wäre. Der Gletscher 
ist ihre Heimat. Auf ihm halten 
' jMkki'l -Jj| die Landesfchützen im Sommer 
' Übungen ab, zu denen Maul» 
: tiere die Maschinengewehre, die 
Munition und den Proviant 
W8W88W8 >A bis in fast unzugängliche Re» 
aqgSBBMBBMI gionen des Hochgebirges hinaus¬ 
schaffen. Dann aber über¬ 
nehmen die Soldaten selbst die 
Last. Wie oft begegnen einem 
im schwierigsten Gelände auf fast unzugänglichen 
Jochen, auf hohen Gipfeln einzelne Gruppen von 
zwei bis drei Mann, die auf die Frage, was sie hier 
täten, die ihnen als selbstverständlich erscheinende 
Antwort geben: „Wir sind eine Patrull und schor, 
drei Tage und Nächte unterwegs." Nächtlicherweile 
aber sieht man von den Gletscherflächen die Wacht¬ 
feuer der Biwaks herableuchten, die diese Elitetruppe 
auf dem kalten Eise bezieht. Alle Landesschützen 
sind geübte Schneeschuhläufer. Im Winter lassen 
sie sich von den flinken, langen Hölzern über tief» 
doch westlich davon verlaufend, 
das Adriatische Meer. (S. auch 
Karte Teil I, S. 215.) 
Unter den Zugeständnissen, 
die Österreich-Ungarn nun Italien 
zu machen bereit war, spielte 
die Abtretung des größtenteils 
von Italienern bewohnten süd- L 
tirolischen Dreiecks, des sogenann- 
ten „Trentino", und des west- 
lichen Ufers des Jsonzo, soweit 
dessen Bevölkerung rein italienisch /^H 
ist, wohl die Hauptrolle. Das . 
italienisch - österreichische Grenz- UbBt 
gebiet dürfte also vorerst den 
neuen Kriegsschauplatz bilden und J£k 
sich hier ein Gebirgskrieg ent- 1§§| 
wickeln. Seit Jahren haben j||l/ 
Österreicher wie Italiener die ~SLl ‘ 
Grenze durch eine Kette von starken ^ ^ 
Forts gesperrt, durch die alle 
größeren, für Truppentransporte - M. cch 
überhaupt in Frage kommenden 
Verbindungswege unschwer zu ‘1 
verschließen sind. Die Grenz- ». 
sperren der Österreicher liegen vor- MMÄk M« 
nehmlich an den Paßhöhen, die I HM 
der Italiener zumeist an den Aus- MM 
gängen aus dem Gebirge, um so 
dem Feinde den Eintritt in die 
Ebene wehren zu können. Die *4 
italienischen Angreifer müssen 
also zu den Paßhöhen hinauf- 
steigen, die Österreicher zum An- 
griff in die Ebene hinabsteigen, Mfe- “ 
und es fei hier zur Beurteilung 
des Vorteils dieser Verhältnisse 
nur daran erinnert, daß seit Be- ^ ;4'f. ff 
ginn der Geschichte es den Be- ^ 
wohnern Italiens fast niemals 
geglückt ist, den herabbrausenden 
Ansturm des Nordens ab zu- 
wehren. Die lombardische Tief- . 
ebene, von Etsch und Po durch- 8»^ . ^ ■' ’i 
flössen, von zahlreichen Kanälen 
und kleineren Flußläufen durch- 
schnitten, wird auch in diesem 
Kriege der Tummelplatz der lz. ^ w 
Kämpfe werden. Gegen Kärnten ^ 
und Kram zu herrschen ähnliche 
Verhältnisse. Nach der letzten , 
Statistik zählt das italienische 
Heer, das aus 12 Armeekorps ge¬ 
bildet wird, mit der Territorial¬ 
miliz (2 281800 Manu) in Kriegs¬ 
stärke 3442150 Manu mit 4146 Feldgeschützen, die Kriegs¬ 
stärke der Flotte (329 Fahrzeuge mit 1850 Geschützen) be¬ 
trägt 70532 Mann. Zu den besten italienischen Truppen 
gehören die 12 Regimenter Bersaglieri und die 8 Regi¬ 
menter Alpentruppen. Wer das italienische Heer in 
Italien selbst genügend lange gesehen hat, wird sich 
kaum des Eindrucks des stark Theatralischen dieser 
Truppen erwehren können. Ein größerer Gegensatz 
als etwa preußische und italienische Soldaten und Diszi¬ 
plin ist kaum denkbar, wie denn überhaupt dem Ita¬ 
liener das Theatralische, die große Geste, das schöne 
Liroler Landesfchützen nach der Schlacht. Nach dem Gemälde von F. Müller-Münster. 
wandern jährlich im Durchschnitt nach Amerika aus; 
ungezählte Schären von Arbeitern strömen ins nahe 
Ausland, dort Verdienst zu suchen. Solch ein Volk hat 
keinen Jungboru sich stets erneuernder Kraft; an einem 
stärkeren Aderlaß, wie ihn ein europäischer Krieg von 
heute darstellt, kann es sich leicht verbluten. A. H. 
Wort im Blute steckt. Er ist, wenigstens zum größten 
Teile, launisch wie ein schlecht erzogenes Kind. Seine 
Liebe und sein Haß wechseln gleichsam von Stunde 
zu Stunde. Wer einmal eine Wahlkampagne in Italien 
miterlebt hat, weiß davon ein Lied zu singen. Heut 
ruft er „Nieder mit den Österreichern!" und morgen 
wird er mit gleicher Wut die neuen Freunde verfluchen. 
Seine Begeisterung ist ein Strohfeuer, das unter starker 
Rauchentwicklung auflodert und ebenso plötzlich in sich 
zusammenbricht. Dazu kommt, daß das Land und Volk 
bitter arm ist. Uber eine halbe Million Menschen 
Tiroler Landesschützen. 
Dem Reisenden, der in Friedenszeiten Tirol be- 
suchte, werden dort in den einsamsten und höchsten Ge-
	        
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