Volltext: 180. Heft 1914/18 (180. Heft 1914/18)

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nur wenige — mußten mit Hindernissen versehen wer- 
den; in Fels eingesprengte Schützengräben, Flankie- 
rungsanlagen für Geschütze und Maschinengewehre 
mußten jeden Pnnkt des Geländes bestreichen können, 
sofern er von Menschen betreten werden konnte. Die- 
jenigen Gipfel, die den Schlüsselpunkt für eine Anzahl 
von Stellungen bildeten, wurden zu kleinen Festungen 
ausgebaut. Ein Netz von Straßen, Steigen, die die 
kühnsten Weganlagen der Alpenvereinssektionen über- 
treffen, und Drahtseilbahnen, die letzteren namentlich 
für den Verkehr und Nachschub im Winter, gewähr- 
leisteten die Bewegungsmöglichkeit in und hinter der 
Front. Ein dichtes Fernsprechnetz verband die vordersten 
Stellungen mit den Beobachtungsposten, Artillerie- 
beobachtern, den in Ruhe befindlichen Abteilungen, Re- 
serven und Stäben. Hütten und in Fels gesprengte 
Kavernen boten Unterkunft. Das sind in großen Zügen 
die technischen Aufgaben 
der Verteidigung. 
Die ersten Wochen stan- 
den, abgesehen von Trient 
und auf der südlich davon 
gelegenen Hochfläche von 
Lavarone, österreichischer- 
seits nur sehr schwache 
Kräfte zur Verfügung. Und 
das waren zum großen 
Teil nur Standschützen, 
Jungen und ältere, mili- 
tänsch nicht ausgebildete 
Leute. Wenn die Itali- 
ener, die sich fast ein Jahr 
lang für den hinterlistigen 
Überfall vorbereitet hatten, 
energisch vorgestoßen hätten, 
wäre ihnen bei ihrer numeri- 
schen Überzahl und dem 
Umstände, daß sie über 
frische, im Hochgebirgskrieg 
wohl ausgebildete Truppen 
verfügten, während die alpenländischen Truppen Oster- 
reichs in den Ebenen von Galizien verblutet waren, das 
ganze südliche Tirol bis zum Brenner und Jaufenpaß 
wie ein reifer Apfel in den Schoß gefallen. Aber die 
Führung versagte schon zu Anfang ebenso wie später am 
Isonzo; sie tasteten die Front zaghaft und unentschlossen 
ab und ließen dem Verteidiger Zeit zum Ausbau und zur 
Verstärkung. Was aber in den ersten Wochen versäumt 
wurde, konnte nie wieder eingebracht werden; nun 
sahen sie sich gezwungen, eine fest ausgebaute und wohl 
verteidigte Felsenfestung anzugreifen. Zweieinhalb 
Jahre rannten sie sich, daran die Köpfe blutig, bis in der 
zwölften Schlacht am Isonzo die dortige Front unter 
den Hammerschlägen der Verbündeten zusammenbrach 
und sie durch das Vorrücken des Gegners bis zum Piave 
auch die Alpenfront von den Julischen Alpen bis zum 
Etschtal aufgeben mußten. Die Ströme italienischen 
Blutes, die die Felsen gefärbt hatten, waren umsonst 
vergossen worden. 
Das Hochgebirge gestattet keine größeren einheit- 
lichen Kampfhandlungen; der Hochgebirgskrieg ist inso- 
fern ein Kleinkrieg, als nur kleinere Gefechte möglich 
sind. Die Kampftätigkeit der untersten Führer bis zu 
den Patrouillenführern herab, ja selbst der einzelnen 
Posten ist viel selbständiger und dem Eingreifen des 
nächsthöheren Führers entrückter als im Krieg in der 
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Ebene. Jeder Buckel, jeder Felsblock kann zum Kampf- 
objekt werden, um das heiß gerungen wird. Das Charakte- 
ristische der Verteidigung liegt darin, daß jeder Punkt 
der Stellung dauernd bewacht uud verteidigt werden 
muß; ein kleiner Einbruch und Durchstoß kann zum Ver- 
lust großer Abschnitte führen, in viel höherem Maße als 
unter gewöhnlichen Verhältnissen. Die Verantwortung 
der Verteidiger bis zum letzten Mann ist daher eine sehr 
gesteigerte; in dem ununterbrochenen Bereitsein unter 
den anstrengendsten Existenzbedingungen liegt die größte 
Schwierigkeit der Verteidigung. Beim Angreifer fällt 
dieses fortwährende à-^ui-vive-sein weg; er wählt die 
Zeit der Kampftätigkeit und ein Mißerfolg bringt in- 
sofern keinen schwerwiegenden Verlust, als er eben auf 
der alten Stelle steht. Dafür ist die Kampftätigkeit 
selbst gegen den die Höhe beherrschenden Verteidiger 
weit schwieriger; im feindlichen Feuer, mit schwerem 
Gepäck muß. der Angreifer 
das noch durch Hindernisse 
verstärkte Gelände oft in 
schwerer Kletterarbeit über- 
winden. Eine verhält- 
nismäßig leichte Verwun- 
dung führt zum Absturz 
und polternd rollen die 
Körper in die Tiefe. Eine 
ganz ungeahnte Erscheinung 
'ist der Minenkrieg im Fels. 
Viele Monate bestürmten 
die Italiener erfolglos den 
Col di Lana, den sie schließ- 
lich Col di sangue tauf- 
ten; endlich entschlossen sie 
sich, den Gipfel zu unter- 
minieren. In Wochen- 
langer Sprengarbeit legten 
sie mit elektrisch betriebenen 
Bohrmaschinen die Minen- 
gänge an, bis es ihnen ge- 
lang, den ganzen Gipfel mit 
der Besatzung in die Luft zu sprengen. Sie hofften, sich 
durch den Besitz des Col di Lana den Weg durch das 
Gadertal ins Pustertal freizumachen, aber die Ver- 
teidiger verlegten ihnen am vielgenannten Monte Sief 
den Weg. Auch an andern Stellen der Front wurde 
mit Minen und Gegenminen gearbeitet. 
Die Beschreibung einiger Kampfepisod.en wird am 
besten ein Bild vom Charakter und den Schwierigkeiten 
des Krieges in den Felsen geben. Am 6. Juni 1915 
wurde mir das Kommando eines Abschnittes im Fassa- 
tale übertragen; der Abschnitt erstreckte sich von der 
Costabella südlich der Marmolata bis zum Paß Le Selle 
und der Cima di Boeche. D. h. diese beiden Gipfel waren 
von den Italienern unbegreiflicherweise noch nicht be- 
setzt worden, obgleich sie Zeit genug gehabt hätten, und 
ich kam ihnen gerade noch zuvor. Ohne deren Besitz 
wäre es nicht möglich gewesen, die Stellungen dauernd 
zu halten. Die Angriffe richteten sich denn auch unaus- 
gesetzt auf diese Schlüsselpunkte. Tag und Nacht mußten 
meine schwachen Postierungen in einer Höhe von 
2800 Metern auf den sturmumbrausten Gipfeln auf der 
Hut sein; die Alpini versuchten zu dutzeuden Malen in 
den steilen Flanken und in den Felsrinnen in schwieriger 
Kletterei die Gipfel zu gewinnen. Die beste Verteidi- 
gung, namentlich bei Nacht, waren die Steinlawinen; 
auf ein paar in die Felsen gerammte Pflöcke wird ein 
Karte zu den 
Kämpfen im Fassatale 
am 18. Juni 1913.
	        
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