Volltext: Deutsche Naturwissenschaft, Technik und Erfindung im Weltkriege

Die Botanik im Kriege 
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in sehr vielen Fällen auch im Frieden noch den Genuß unserer alten, heimischen 
deutschen Tees beibehalten. Kernlestee, aus Hagebuttenkemen, Lindenblütentee, 
Pfefferminztee, Kamillentee usw. werden zum mindesten in vielen süddeutschen 
Gebieten auch im Frieden noch reichlich getrunken. Aber einmal mußten diese 
Tees nun auch den auf dem Lande viel getrunkenen Kaffee mit ersetzen helfen, 
sodann mußten sich auch die städtischen Teetrinker daran gewöhnen, dem chinesi 
schen Tee mehr und mehr zu entsagen und seinen Genuß durch heimische Tees 
zu ersetzen. Auf diese Weise würden nicht nur die alten, schon erwähnten heimischen 
Teestoffe in erheblich umfangreicherem Maße herangezogen, sondern auch andere 
Pflanzenteile, welche im Frieden nur in beschränktem Maße oder gar nicht benützt 
wurden, verwendet. Als Tee - Ersatz sind vornehmlich die Blätter der allerverschieden- 
sten Pflanzen, zu einem großen Teil von Schülern, eingesammelt worden. Die feinsten 
solchen Ersatztees liefern die Brombeer-, Himbeer-, Erdbeer- und Kirschenblätter. 
Dazu kommen Schlehdornblüten, Heidekrautblüten, Blätter von Heidelbeeren, 
Preiselbeeren, schwarzen Johannisbeeren, Stechpalme, Birke, Ulme, Weide, Eber 
esche, Weidenröschen, je nach den verschiedenen Gegenden und Geschmacks 
richtungen. 
Auch behördlicherseits wurde schon längst auf die Verwendung solcher heimi 
schen Tees mit Nachdruck hingewiesen. Von Interesse ist beispielsweise ein Erlaß 
des österreichischen Ministeriums des Innern vom Jahre 1915, welcher auf das 
Einsammeln von Brombeer-und Erdbeerblättern für Soldaten und Kriegsgefangenen 
lager hin weist, in welchem es heißt: Ein für das Heer wichtiges Genußmittel, dessen 
Einfuhr die Feinde unterbunden haben, ist der Tee. Glücklicherweise verfügen wir, 
wie u. a. in letzter Zeit gesammelte Erfahrungen beweisen, über einen sehr brauch 
baren Ersatz, noch dazu heimischen Ursprungs, den Tee aus jungen Brombeer- 
und Erdbeerblättern. Der Bedarf an diesem Tee ist heuer erheblicher als im Vor 
jahre; es müssen daher große Mengen von Brombeer- und Erdbeerblättern gesam 
melt werden, wenn unsere Soldaten nicht früher oder später an Tee Mangel leiden 
sollen. 
Heute werden die Blätter der allerverschiedensten Pflanzen zum Tee-Ersatz 
herangezogen. In den mannigfaltigen Familientees und anderen Mischungen 
wurden Teile von an die 100 verschiedenen Pflanzenarten gefunden, eine Mahnung 
für den einzelnen, sich seinen Tee nach Möglichkeit selbst zu sammeln! 
Arzneipflanzen. 
Für die Beschaffung der Heilmittel spielt der gegenwärtige Krieg ebenfalls 
wieder eine bedeutsame und einschneidende Rolle. Wir sind von der Zufuhr außer 
ordentlich wichtiger Arzneimittel abgeschlossen. Wir erhalten keinen Rhabarber, 
keinen Kampfer, keine Senega, keine Kondurango, kein Rizinusöl, kein Cascara 
sagrada, keine Sennesblätter und damit kein Brustpulver, keine Aloe, keine Ipeka 
kuanha, keinen Strophanthus, keinen Perubalsam, oder doch wenigstens das Meiste 
nicht in genügender Menge und das Wenige zu oft unerhörten Preisen. In anderen 
Fällen waren wir gewöhnt, im Frieden eine besonders große Menge auch bei uns 
vorkommender Heilkräuter aus dem Auslande zu beziehen. So war es bei Kamillen, 
Lindenblüten und vielen anderen.
	        
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