Volltext: Deutsche Naturwissenschaft, Technik und Erfindung im Weltkriege

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Die Lehre von der irdischen Lufthülle 
Als der Krieg ausbrach, stand die atmosphärische Physik bereits auf einer 
hohen Stufe, und man darf sagen, daß, obwohl einzelne ihrer Zweige unter den 
so ganz veränderten Verhältnissen zu leiden hatten, in der Hauptsache auch sie, 
wie so manch andere naturwissenschaftliche Disziplin, gar manche Förderung durch 
die Lösung der neuen Aufgaben erfuhr, welche nunmehr an sie herantraten. Der 
Gesamtcharakter der Lehre von der Luft ist natürlich der gleiche geblieben, und 
auch die Einteilung in zwei Hauptabteilungen macht im Kriege selbst ebenso, 
wie vorher, ihr Recht geltend. Die erste derselben wird gewöhnlich als Meteorologie 
schlechtweg bezeichnet; sie hat es mit den Lufterscheinungen als solchen zu tun, 
für welche schon Aristoteles, freilich eine Menge heute als ferne hegender Dinge mit 
einbegreifend, eine Art von System unter diesem Namen aufgestellt hatte. Die 
Gesetze, nach denen sich, gemeinverständlich gesprochen, Wind und Wetter richten, 
gilt es zu ermitteln, in ihrer nur allzu bekannten Vielgestaltigkeit zu erkennen und, 
soweit dies möglich, Schlüsse auf die Witterung einer nahen Zukunft zu ziehen. 
Je mehr man für verschiedene Erdgegenden solche Aufgaben in Angriff nahm, desto 
mehr mußte man sich überzeugen, daß es für gewisse kleinere und größere Erd 
räume gleichbleibende Erscheinungsformen gab, daß es also trotz der Launenhaftig 
keit des Wetter verlauf es, sobald man der Betrachtung gewisse Grenzen zog, möglich 
war, ,,den ruhenden Pol in der Erscheinungen Flucht“ zu finden, um in der Sprache 
des Dichters zu sprechen. W. Koppen, einer unserer ersten Fachmänner, spricht 
sich hierüber mit folgenden bezeichnenden Worten aus: „Unter Klima verstehen 
wir den mittleren Zustand und gewöhnlichen Verlauf der Witterung an einem gege 
benen Orte; die Witterung ändert sich, während das Klima bleibt.“ Auch da be 
stehen also tellurische Gesetzmäßigkeiten, welche aufzudecken der Klimakunde 
oder Klimatologie überlassen bleibt. Sie wäre, wollte man strenge sich an den 
Wortsinn halten, auch ihrerseits ein Bestandteil der in ihrem wahren Wesen aufge 
faßten Meteorologie, allein da sich allmählich der Sprachgebrauch so gestaltet hat, 
diese und die Klimatologie als gleichberechtigte Teile der Lehre von der Erd 
atmosphäre anzusprechen, so soll auch hier von dieser Sitte nicht abgegangen werden. 
Eine so ungeheuer reiche Literatur, eine so wechselvolle Geschichte auch beide 
Gebiete besitzen, so hat man sie doch kaum je ernstlich zum Kriege als solchem 
in eine nähere Beziehung zu setzen versucht. Selbst das inhaltsreiche deutsche 
Generalstabswerk von 1870/71, in dem alle damals als militärisch beachtenswert 
erkannten Betätigungen des menschlichen Geistes eine sorgfältige Erörterung 
gefunden haben, geht über diesen Gegenstand mit Schweigen hinweg. Es ist ja
	        
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