Volltext: Der Weltbrand Band 2 (2; 1917)

bcr Stadt internieren lassen, ihre Offiziere mußten 
sich ehrenwörtlich verpflichten, gegen die Aufrührer 
nichts zu unternehmen. Am 1. September kreuzten 
42Ententeschiffe vor dem Piräus, um die athenische 
Regierung gefügig zu machen, neue Bedingungen 
Englands und Frankreichs anzuerkennen, die ihr am 
2. in einer Note unterbreitet wurden. Darin forder- 
ten die Ententemächte die Aufsicht über das Post- 
und Telegraphenwesen Griechenlands mit Einschluß 
der drahtlosen Telegraphie. Ferner sollte eine Reihe 
von Leuten ausgewiesen werden, die der Spionage 
und der Bestechung schuldig seien. Die griechische 
Regierung sah sich gezwungen, in diese neuen schmach- 
vollen Bedingungen zu willigen, und so wurden am 
5. September vierunddreißig in Griechenland lebende 
Deutsche und Österreicher, die der französische und eng- 
lische Gesandte für verdächtig erklärten, aus dem 
Lande ausgewiesen. Die in Athen Wohnenden 
wurden noch in der Nacht zur Abreise gezwungen. 
Man schob sie nach Kawala ab, und von da dursten 
sie nach Bulgarien Weiterreisen. Sogar dazu ver- 
stand sich die griechische Negierung, daß sie hinfort 
auf jedem Dampfer von Engländern und Franzosen 
ernannte Kontrolleure mitfahren ließ. Am 7.Sep¬ 
tember hatte die durch das englische Gold unterstützte 
Wühlerei des Venizelos den Erfolg, daß zwei grie- 
chische Offiziere in Verna erklärten, sie wollten auf 
Seiten der Entente kämpfen, und daß sie ein „Komitee 
der nationalen Verteidigung" bildeten. Ganz anders 
handelte der kommandierende General des vierten 
griechischen Armeekorps. Er stand mit seinen Truppen 
in Seres, Druma und Kawala, war durch die Entente- 
truppen von allem Verkehr mit Athen abgeschnitten 
und mußte fürchten, eines Tages entwaffnet zu wer- 
den. Deshalb bat er die deutsche oberste Heeres- 
leitung um Schutz, Unterkunft und Verpflegung, da 
sein Korps von Hunger und Krankheiten bedroht 
sei. Seine Bitte wurde ihm gern gewährt und 
das vierte griechische Armeekorps nach Görlitz in 
Schlesien überführt. Der auffallende Schritt des grie- 
chischen Generals erregte natürlich in London und 
Paris den schwersten Arger, denn er zeigte zur Ge- 
nüge, daß König Konstantin sich auf seine Armee 
doch noch verlassen konnte, wenn auch einzelne Offi- 
ziere ihren Fahneneid vergaßen. Am liebsten hätten 
die beiden Westmächte den König mit Gewalt zur 
Abdankung gezwungen und den Kronprinzen zum 
Könige gemacht, aber der erklärte, er werde nach 
einer erzwungenen Abdankung seines Vaters den 
Thron auf keinen Fall besteigen. Der Petersburger 
Hof war außerdem dem Plane abgeneigt, den ihm 
verwandten Herrscher gewaltsam zu beseitigen, aber 
vor den fortgesetzten Qualen der Engländer und 
Franzosen konnte und wollte ihn auch der russische 
Einfluß nicht schützen. Am 12. September wurde er 
wieder zu einem Kabinettswechsel genötigt. Zm'mis 
mußte sein Amt als Ministerpräsident niederlegen, 
und Ealogeropulos trat an seine Stelle. Eine Ande- 
rung in der Behandlung des Landes durch die Vierver- 
bandsmächte erfolgte deshalb aber keineswegs, viel- 
mehr brachte der 16. September eine Ausdehnung 
der Blockade über die griechische Küste bis an die 
Mündung der Struma, während bisher nur die bul- 
garische Küste blockiert gewesen war. Auch wurde 
am 21. der athenischen Regierung mitgeteilt, daß die 
griechische Zensur über Auslandstelegramme von nun 
an durch die Engländer und Franzosen ausgeübt 
werden solle. Der neue Ministerpräsident war den 
Vierverbandsmächten auch wieder nicht genehm, denn 
er war königstreu und durchaus gegen das Auf- 
geben der griechischen Neutralität. Er trat scharf 
gegen die Venizelisten auf, die mit offener Gewalt ihr 
Vaterland zum Anschluß an England und Frankreich 
zwingen wollten. Denn das „Nationale Verteidigungs- 
komitee" tat, als gäbe es keine griechische Regierung 
mehr oder vielmehr, als sei es selbst die griechische 
Regierung. Es gab Bons und Schuldverschreibungen 
aus und rief überall die Bevölkerung auf, sich ihn, 
anzuschließen. Infolgedessen meuterte ein Teil der 
Truppen. Kreta, die Heimatsinsel des Venizelos, 
fiel ganz von der griechischen Regierung ab. Korfu 
schloß sich der Revolution an, mehrere andere Inseln 
desgleichen. Überall fanden Unruhen statt. Hier 
erfolgten königstreue, dort königsfeindliche Kund- 
gedungen. Es kann auf diese griechischen Unruhen 
hier nicht näher eingegangen werden, da sie den 
großen Gang des Krieges in keiner Weise beeinflußten. 
Genug, König Konstantin blieb fest, wie bisher, war 
durch nichts von seiner Haltung abzubringen und 
bestrafte sogar die Empörer, soweit es in seiner Macht 
lag. Am 30. September übergaben die Vierverbands- 
mächte der griechischen Regierung eine Note, die an 
Unverschämtheit alles in den Schatten stellte, was die 
„Befreier der kleinen Nationen" bisher dem Griechen- 
volle geboten hatten. Sie verlangten darin ent- 
weder einen sofortigen Eintritt in den Krieg oder 
die sofortige Auflösung des Heeres und die Aus- 
lieferung alles Eisenbahn- und Kriegsmaterials. 
Aber auch dadurch ließ sich der zähe Mut dieses 
Königs nicht brechen. Er verstand es, seine Be- 
dränger weiter hinzuhalten, und Griechenland trat 
nicht in den Krieg ein. 
Der See- und Lustkrieg vom 1. August bis Ende des Jahres 1916. 
^?^a England seine Flotte nach der Niederlage vom 
^/Skagerrak noch mehr schonte als vorher und 
sie in den Häfen eingeschlossen hielt, so ereignete sich 
zur See zwischen den beiden Flotten kein Treffen 
von wirklicher Bedeutung und in der ganzen Zeit 
nur ein Gefecht, das Erwähnung verdient. Starke 
deutsche Seestreitkräfte, die in die Nordsee vorstießen, 
trafen auf keinen Feind, konnten aber die Engländer 
in ihren Schlupfwinkeln nicht aufsuchen, da es ihnen 
nicht möglich war, sich so weit von ihren Stütz- 
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