Volltext: Der Weltbrand Band 1 (1; 1915)

derbe Kraft eines Blücher mit der strategischen land mochte in den so über alles Erwarten glän- 
Klugheit eines Gneisenau vereinigte. Darum heftete zenden Ausgang der ostpreußischen Kämpfe mit 
sich an die deutschen Fahnen der Sieg. Das vollem Rechte ein günstiges Vorzeichen für die 
schwer bedrängte, vom Feinde umlagerte Deutsch- Zukunft erblicken. 
Die galizischen kämpfe. — Grenzgesechte gegen die Serben. 
^*\er Kriegsplan der Russen war gewesen, mit Zwei 
^/großen Armeen aus Berlin zu rücken. Die 
schwachen Kräfte, die Deutschland für den Osten ver- 
wenden konnte — so rechnete man in Petersburg — 
vermochten unmöglich den Armeen Ssamsonows und 
Rennenkampfs Widerstand zu leisten. Sie mußten 
bald von der ungeheuren Überzahl vom Erdboden 
hinweggefegt werden. Dann umschloß und belagerte 
man die Festung 
Königsberg, und 
unterdessen zo- 
gen die Truppen, 
die man dazu 
nicht brauchte, 
auf die deutsche 
Hauptstadt zu. 
Ein viel größe- 
res Heer, 
eigentliche russi- 
scheHauptarmee, 
sollte an der ga- 
lizischen Grenze 
gesammelt wer- 
den. Sie hatte 
die Aufgabe, 
durch Schlesien 
in Deutschland 
einzubrechen und 
von Südosten 
her Berlin zu be- 
drohen. Vorher 
aber sollte sie al- 
les österreichische 
Land nördlich der Karpathen überschwemmen und 
in Besitz nehmen, und ein Teil war dazu bestimmt, 
über das Gebirge in Ungarn einzurücken und den 
Serben die Hand zu reichen. 
Selbstverständlich war man nicht so töricht, zu 
meinen, das alles werde sich ohne Kämpfe bewerk- 
stelligen lassen, aber nach Ansicht des Petersburger 
Generalstabs brauchte Deutschland seine wesentlichen 
Kräfte im Westen gegen Engländer und Franzosen, 
auch mußte es Wochen, vielleicht Monate dauern, ehe 
die deutsche Mobilmachung vollendet war. Osterreich- 
Ungarns Heer, es mochte groß oder klein sein, fürch- 
teten die Russen nicht. Sie hielten das Donaureich 
für eine Macht zweiten Ranges, die ihnen schon des- 
halb keinen ernsten Widerstand würde leisten können, 
weil seine Völker auseinander strebten. Sie hatten 
gar keine Ahnung davon, daß alle die Polen, Ru- 
mänen, Kroaten und Tschechen doch tausendmal lieber 
Die in den Schlachten bei Krasnik und Komarorv von den österreichisch-ungarischen 
Truppen erbeuteten russischen Geschütze vor dem Arsenal in Wien. 
Österreicher und Ungarn sein, als unter die russische Knute 
geraten wollten. Sie sahen auf das österreichische und 
ungarische Heer mit einem lächerlichen Dünkel, mit 
einer grenzenlosen Verachtung herab, die um so un- 
erklärlicher war, als das Heer des Kaiserstaates sich 
bisher in allen Kriegen weit besser geschlagen hatte 
als das russische. Sie meinten aber, mit diesen bunt 
zusammengewürfelten Truppen leichtes Spiel zu haben. 
Indessen, wie sie 
sich inOstpreußen 
aufs schwerste 
verrechnet hat- 
ten, so verrechne- 
ten sie sich auch 
hier. Zunächst 
einmal waren die 
Österreicher und 
Ungarn früher 
fertig als sie. Das 
mußte jeder- 
mann erwarten, 
der die russi- 
schenVerhältnisse 
kannte. Wenn 
in Kalisch un> 
sere einrückenden 
Soldatendierus- 
fischen Konser¬ 
venbüchsen mit 
Sand gefüllt vor¬ 
fanden, so war 
das bezeichnend 
für die Zustände, 
die in der ganzen russischen Armeeverwaltung herrschten. 
Dort war Betrug und Unterschleif an der Tagesord- 
nung, wie in jeder russischen Verwaltung. Wie also 
russische Magazine ausgerüstet waren, konnte man sich 
vorstellen. Rechnet man dazu die riesigen Entfer- 
nungen, aus denen die Truppen und Kriegsgerät- 
schaften im Reiche des Zaren herbeigeführt werden 
müssen, und das geringe Bahnnetz, das dazu zur Ver- 
fügung steht, so kann es niemand wundern, daß eine 
russische Mobilmachung sehr langsam vor sich geht. 
Immerhin machte es einen eigentümlichen Ein- 
druck, daß trotz der jahrelangen Kriegsvorbereitungen 
der Russen die Österreicher jetzt die Offensive ergreifen 
konnten. Sie machten in Russisch-Polen sehr schnelle 
Fortschritte. Nachdem sie am 9. August die Grenze 
überschritten hatten, gelangten sie schon am 12.bis 
Jederzewo, einem Ort, der siebzig Kilometer nördlich 
von Krakau liegt, und drangen einige Tage später 
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