Volltext: Der Stand der Schulhygiene

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Gemeinsame Erziehung der Geschlechter. (Koedukation.) 
Das Familienhafte des Internats verlangt auch, 
nach Direktor J* Trüper, aus denselben Gründen, aus welchen 
man gewöhnlich dagegen spricht, die gemeinsame Er 
ziehung der Geschlechter, wobei allerdings vorausgesetzt 
werden muß, daß das Erzieherkollegium auch in dieser Beziehung 
äüf einer durchaus vorbildlichen sittlichen Höhe steht* Eine 
Familie mit getrennten Geschlechtern sei keine Familie; bei ge 
meinsamer Erziehung bleiben die sexuellen Reize geringer oder 
stimmen sich wesentlich herab. Beide Geschlechter ergänzen 
einander und lernen sich besser verstehen, als bei getrennter Er 
ziehung* 
Während von mehreren Seiten die mit der gemeinsamen 
Erziehung gemachten guten Erfahrungen hervorgehoben wurden, 
wird von anderer Seite (Dn Kotelmann) auf mehrere schwere 
Fälle sexueller Verirrungen zwischen Knaben und Mädchen hin 
gewiesen und bemerkt, daß die guten Erfahrungen sich zum Teil 
auf noch nicht geschlechtsreife oder kranke Kinder beziehen* 
Um die gegen die gemeinsame Erziehung der Geschlechter 
noch bestehenden Bedenken so viel als möglich zu zerstreuen 
und diesen neuen Schritt auf pädagogischem Gebiete so vorsichtig 
als möglich zu tun, hat sich der Kongreß mit Stimmenmehrheit 
für den Antrag des Rektors Dr. August Ullrich ausgesprochen, 
daß die gemeinsame Erziehung vorerst bis zum Beginne der Ge 
schlechtsreife, also bis zum 12; Lebensjahre, uüd zwar nach dem 
Frankfurter Systeme zu versuchen sei* 
Die Frage der gemeinsamen Erziehung wurde aber auf dem 
Kongresse hauptsächlich mit Rücksicht auf den höheren Unter 
richt und in der Richtung besprochen, ob für beide Geschlechter 
der gleiche Bildungsgang, eventuell mit Rücksicht auf die Er 
möglichung gleicher Berufsstellungen für dieselben, und die 
gleichen Lehrziele anzustreben seien; 
Das Resultat dieser Verhandlungen kann dahin zusammen 
gefaßt werden, daß die intellektuelle Begabung der beiden Ge 
schlechter im wesentlichen als die gleiche betrachtet wird, ja daß 
die Mädchen in den sprachlichen Fächern die Knaben übertreffen, 
daß die Mischschulen ihre Schüler und Schülerinnen nicht mehr 
anstrengen, als die Separatschulen, daß die Ausbildung an höhe 
ren Schulen die Mädchen zu Familienmüttern keineswegs unge
	        
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