Volltext: Der Sammler 14. Jahrg. 1919 (1919)

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Herausgeber: Der Museal-Verein Schärding. - Verantwortlicher Redakteur: Joh. Vees, Schärding. 
Druck I. Vees, Schärding. 
schreibt: Wenn Sie einst Deutschland verlassen 
und in den Gefilden Italiens sich befinden, wo 
die Schönen Sie mit ihrer Gunst beglücken werden, 
so gönnen Sie doch manchmal einen flüchtigen 
Augenblick der Erinnerung an Schärdings Froh 
sinn ynd an die schuldlos verlebten Abendstunden 
1840. Karl und Elise Weber schließen sich mit 
sinnigen Versen an. 
Daran reihen sich zwei Karten, geschrieben 
mit kunstfertiger Hand, aus der alten Schärdinger 
Bindersfamilie Fischl. Franz M. Fischl schreibt: 
Wer trüge wohl des Lebens Bürden, 
Die bald mit ihrem dumpfen Harm 
Ein schwaches Herz erdrücken würden. 
Gab' uns die Freundschaft nicht den Arm! 
Glück sei Dein schönes Los auf Erden; 
O Freund I Daß man glücklich werde. 
Brauchst wenig, nur Zufriedenheit. 
Dies sei Dein Teil! Durchlebe Tage 
Voll Seeligkeit, die keine Klage 
Des finsteren Gram entweiht. 
Noch wollen wir einer kaligraphisch schön 
geschriebenen Karte Erwähnung tun, die unter 
fertigt ist von Grillmayer, Unterjäger im k. k. 
10. Jägerbataillon. Vielleicht und wahrschein 
lich gehörte der Stammbuchbesitzer Desch auch 
diesem tapferen, berühmten Truppenkörper an, 
der von Schärding nach Italien ausgezogen 
ist, um sich in der Schlacht bei St. Lucia un 
vergänglichen Ruhm zu holen. 
Das Stammbuch ist ein Geschenk, überge 
ben von"Herrn Franz Palfinger, Glasermeister 
und Gemeinderat. Es wird in der Reihe der 
Erinnerungen an Schärdinger Familien und als 
Vermächtnis an deren Denkungsart und Freund- 
schaftsempfinden einen geschätzten Platz bewahren 
Cätigkeitsbericbt des IDusealvereines für das 
Jahr 1917. (Schluss.) 
Zum Schmerzenskinde ist der „Sammler" 
geworden. Mangel an Arbeitskräften und Papier 
not haben selbst die auf die Hälfte verringerte 
Ausgabe ins Stocken gebracht. Was den spär 
lichen Inhalt der noch erschienenen Blätter be 
trifft, so wäre anzuführen: „Ausschußsitzungsbericht 
vom 4.. Februar 1917" und „Jahresbericht des 
Vereines vom 19. September", ferner die Zu 
schriften und Darlegungen über die „Errichtung 
eines Heldenhaines" und zur „Gewerbegeschichte 
der Stadt Schärding", „Unsere Helden", .„Was 
uns alte Kammeramtsrechnungen erzählen", 
„Aus dem Jahresberichte der Stadt Steyr", ein 
beachtenswerter Fund aus der Steinzeit", „Von 
der volkskundlichen Abteilung des Stadtmuseum«". 
Die bildliche Wiedergabe der im Kriege ver 
storbenen Schärdinger fand im Sammler 1917 
ihre traurige Fortsetzung. 
Der Musealverein dankt zum Schluffe den 
Mitgliedern für ihr treues Festhalten und sagt 
sowohl dem Herrn Bezirkshauptmann als dem 
Herrn Bürgermeister und der Stadtgemeinde 
vertretung den wärmsten Dank für die stete 
bereitwillige Unterstützung, die dieselben dem 
Verein angedeihen ließen. Freundlichen Dank 
endlich der verehrlichen Sparkasse und allen 
Spendern. 
Oie Schärdinger „Pest“°Säule. 
Knapp vor dem Linzertor liegt die schattige, 
kühldämmerige „Allee", auch „Promenade" 
genannt, welche vor dreißig Jahren die einzige 
öffentliche Parkanlage unserer Stadt mar. Heute, 
da uns der Schloßpark, die schöne Jnnlände, die 
baumumsäumten Wege und manch andere busch- 
umgrünte lauschige Winkelchen mit ihren Ruhe 
bänken zur beschaulichen Rast einladen, hat die 
„Allee" ihre Anziehungskraft eingebüßt. Sie ist 
eine unruhige Durchzugssträße geworden, seit vor 
den Toren der Stadt die Ansiedlungen sich ver 
mehrten, das Krankenhaus ums dreifache ver 
größert wurde und eine Villenkolvnie auf dem 
früheren Klingelmüllergrunde entstand. 
In der Mitte des sehr bescheidenen Parkes 
steht eine altersgraue, von: Wind und Wetter 
zernagte Steinsäule, die uns Kindern als Pest 
säule bezeichnet wurde. Auch späterhin konnte 
ich aus gelegentlichen Bemerkungen jüngerer und 
älterer Schärdinger schließen, daß die Meinung, 
das einfache Denkmal in der Promenade stelle 
eine Pestsäule dar, keine vereinzelte sei. 
Das Denkmal selbst verrät nicht seintz Her 
kunft; ratlos steht man vor der etwa 2'/ 2 Meter 
hohen Steinsäule, die auf einem runden,' dicken 
Schaft einen kapellartigen Aufsatz trägt, der ehe 
mals in den vier Blendnischen Bilder religiösen 
Charakters getragen haben muß, eine Annahme, 
die durch das Kreuz, welches, die Spitze des 
Denkmales ziert, bestätigt wird. 
Aufmerksamen Lesern unserer Stadtchronik 
erzähle ich übrigens keine Neuigkeit. Ihnen wird 
es ohnehin bekannt sein, daß die Alleesäule mit 
der Pest ganz und gar nichts zu tun hatte und 
daß der Pferdesturz des einen der drei apokalyp 
tischen Reiter mit diesem angeblichen Triumpf- 
zeichen nicht gefeiert wurde. 
Was wir vor uns haben, läßt sich mit 
wenigen Worten sagen: Ein reicher Schärdinger 
Bürgerssohn namens Stephan Wibmperger — 
sein Vater war 1630 Handelsmann am heutigen 
Weinwirt Pfliegl-Haus — ließ im Jahre 1644 
seinen lieben Eltern zu „ain Gedächtnis" diese 
Säule (Lamprecht nennt sie „Marternsäule") 
setzen. 
Aber damals stand sie noch nicht am heu 
tigen Platz, ihr Standort war vor dem ihm 
gehörigen Zier- und Küchengarten, welcher heute 
vom „Wieninger Sommerkeller" bedeckt wird. 
(Schluß folgt.)
	        
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