Volltext: Der Sammler 14. Jahrg. 1919 (1919)

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Aus der Pflegerzeil. 
Ein vergilbter alter Bogen Papier, er trägt 
das Datum 12. April 1849 und ist von dem 
kaiserlichen Pfleger Gerhardt unterzeichnet. 
Nichts von besonderer Wichtigkeit finden 
wir in demselben aber ein klassisches Zeitbild 
gibt er uns davon, was man im Jahre 184-9 
unter anderem als einen besonderen Fortschritt 
gegenüber früher betrachtete. 
Der Bauer Matthias Saletmeier am Jsak- 
gute in Haraberg war wenig schulfreundlich und 
den Schullehrer Lang scheint er schon gar nicht 
in sein Herz eingeschlossen zu haben. Die Schul 
lehrer aus jener Zeit waren ja gewiß schon an 
und für sich nicht beneidenswert und wenn ihnen die 
gesetzlich zugestandene Sammlung von einzelnen 
Bauern vorenthalten würde, so war dies doppelt 
empfindlich, denn erstens bekam er die Nahrungs 
mittelzuschüsse nicht auf die er angewiesen war, 
dann empfand er es ja gewiß sehr demütigend, 
daß ihn der stolze Bauer vor die Türe setzte. 
Das tat nun der Jsakbauer am Haraberg wieder 
holt und daher mußte derselbe infolge Be- 
klagung des Lehrers vor dem gestrengen Herrn 
Pfleger erscheinen. Für eine gütliche Beilegung 
war der beklagte Bauer nicht zu haben und so 
dekredierte der Herr Pfleger, daß, wenn nicht 
innerhalb 14 Tage die Ablieferung von 13 / 84 Metzen 
Weizen und 2 */ fi4 Metzen Korn in Schärdinger 
Maße oder 15 Ganze 41 / 4 Teil Weizen und 28 
Ganze 5C / 4 Teile im Stockerauer Maße an den 
Schullehrer Georg Lang abgeführt sein sollten, 
die Exekution erfolgen wird. — So geringfügig 
der ganze Handel an und für sich auch , war, es 
fehlte dem pflegherrlichen Urteil nicht die richter 
liche Begründung und in dieser finden wir das 
eigentlich Interessante in der Sache. Der Beklagte 
machte geltend, daß mit dem Patente vom 7. 
September 1848 die Naturalabgabe für Schul 
lehrer aufgehoben wurde und daß der Schullehrer 
überhaupt niemals das Recht gehabt habe, das 
Getreide als ausgedroschene Frucht in Anspruch 
zu nehmen, sondern als Garben in Empfang zu 
nehmen habe. So war es nämlich früher laut 
einer Verordnung aus dem Jahre 1818/19 ein 
geführt. Der Schullehrer konnte sich zur selben 
Zeit, wenn es dem Bauer gefällig war, auch die 
Aehren am Felde auflesen oder etwa durch Kinder 
auflesen lassen, wodurch ja die Sammlung zu 
einem noch entwürdigerendem Almosen gestempelt 
wurde. 
Daß dies einmal so war, erzählt uns der 
pflegherrliche Bescheid gegenüber dem wider 
willigen Verpflichteten. Im allgemeinen findet 
der Wahrspruch folgende Begründung: „Bei der 
Regulierung der Schullehrer-Sammlung im Jahre 
1818/19, welche von dem k. k. Pfleggericht in 
Schärding mit Zuziehung und Einvernehmung 
des Gemeindevorstand geschah, das vorstehende 
Sammlungsquantum bezüglich der angeführten 
Grundbesitzer ausgemittelt und das hierüber er 
richtete Sammelverzeichnis vom k. k. Jnnkreis- 
amte am 29. Dezember 1819 nach erfolgter 
Revision bestätigt wurde und weil bezüglich der 
einzelnen Schuldigkeit um so minder ein Zweifel 
bestehen kann, als dieselbe bei den betreffenden 
Bauerngütern selbst grundbücherlich aufscheint. 
Was die von dem angeführten Sammlungs 
pflichtigen gemachte Einwendung betrifft, daß 
durch das Patent vom 7. September 1848 die 
Naturalabgaben an die Schullehrer eingestellt 
sind, ist unrichtig, wie aus der den Gemeinden 
zugekommenen und publizierten Kundmachung 
der k. k. oberösterr. Landesregierung vom 29. 
September 1848 und dem Grundentlastungs 
patente vom 4. März 1849 (§ 6) klar hervor 
geht, da hiernach die Erhaltung der Pfarrschulen 
als Gemeindeanstalt vorzugsweise der Gemeinde 
obliegt. Betreffend die beim Versuche der güt 
lichen Ausgleichung gemachten Einwendung, daß 
die Sammlung künftig nicht in Körnern, sondern 
nach dem früheren Bestände vor der Regulierung 
der Sammlung im Jahre 1818/19 in Garben 
gegeben werden wolle, so erscheint diese Ein 
wendung lediglich als ein Ausfluß, um den 
üblen Willen des Verpflichteten zu bemänteln, 
denn einerseits ist eine solche Abfindung für das 
Jahr 1849 nicht mehr möglich, anderseits kann 
hierauf nach den bestehenden Gesetzen nicht mehr 
abgegangen werden, weil die Umänderung der 
Sammlung von Naturalien in Garben mit Zu 
ziehung sämtlicher Interessenten bei Regulierung 
der Schullehrer-Sammlung aus dem Grunde 
geschah, weil die Einsammlung in Garben dem 
Geiste der politischdeutschen Schulverfassung 
zuwiderläuft und wie die Erfahrung lehrte, nur 
zu häufigen Streitigkeiten zwischen den Schul 
lehrern und ihren Gemeinden führte. Es wird 
übrigens jedem, der in seiner Schuldigkeit rück 
ständig ist, die Ermahnung gemacht, ohne Verzug 
seiner gesetzlichen Schuldigkeit nachzukommen, 
bösen Einflüsterungen, welche offenbar geschehen 
sind, kein weiteres Gehör zu schenken, und den 
guten Beispielen ihrer Nachbargemeinden zu 
folgen. 
Ob diese Verwarnung auch den gewünschten 
Erfolg gehabt hat, ist uns nicht mehr bekannt 
geworden, es ist aber anzunehmen, daß der 
Schullehrer Lang zu seinem Rechte kam. Uns 
besagt aber diese richterliche Begründung, daß 
das Jahr 1848 auch in der Bewertung der 
Schule und ihrer Organe einen Fortschritt brachte, 
daß man sich in der Freiheitsepoche des ver 
gangenen Jahrhunderts zu den: Geiste einer 
politischdeutschen Schulverfassung aufgeschwungen 
hat, die es für fehlerhaft, der Schule und des 
Schullehrers abträglich erkannte, wenn die 
Letzteren dem Uebelwollen und dem Gespötte 
einzelner Gemeindeinsassen ausgesetzt waren.
	        
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