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In der unteren linken Ecke finden wir
eine Anmerkung, die besagt:
„Das Kronland Oesterreich ob der Enns
ist hinsichtlich seiner politischen und administra
tiven Gliederung, ehemals in vier Kreise I Linz,
II Steyr, III Wels, IV Ried, vormals Mühl-
Traun-, Hausruck- und Jnnkreis eingeteilt, welche
Kreise wiederum in 46 Amts- und Steuerbe
zirke und weiter noch in 660 Ortsgemeinden zer
fallen. Die einheimische Bevölkerung beträgt in
runder Zahl 729.600 Seelen, die auf einen
Flächenraum von 208 % Quadratmeilen in 15
Städten, 90 Märkten, 6000 Ortschaften und
66.000 Wohnhäusern verteilt wohnen.
Für die kirchliche Verwaltung des Landes
besteht das römisch-katholische Bistum Linz, das
in 28 Dekanate mit 412 Pfarrbezirken und 475
Schulen eingeteilt ist. Für die 15.600 Bekenner
der augsburgischen Konfession besteht eine Super-
intendentur mit 12 Pastoraten."
Also eine ganze Statistik in weltlichen und
kirchlichen Belangen.
Bei der bekannten Gewissenhaftigkeit
unseres Geschichtsforschers müssen wir uns
bei Durchlesung dieser kurzen Anmerkung ver
gegenwärtigen, daß es eine bedeutende Arbeit
in sich schließt, ein richtiges Zahlenmaterial
zu liefern.
Wie hat es Lamprecht zusammengebracht,
sagen zu können, daß die 729.500 Einwohner
des Kronlandes in 66.000 Häusern wohnen?
Eine statistische Zentralkommission oder derartiges
ist ihm kaum zu Hilfe gekommen. Das mußte
wohl alles im Wege der Umfrage, durch die
Pfarreien, Bekannte usw., zusammengetragen
werden. Das war eine mühevolle, lange Zeit
in Anspruch nehmende Arbeit. Aber eben darin
hat ja Lamprecht Großartiges geleistet. Die
Karten dienten ihm dann als Publikationsmittel
über seine weit ausgreifenden Erhebungen.
Die letztere Maßstabangabe kann gewiß auf
Originalität Anspruch machen.
Endlich erfahren wir, daß die Karte in
Linz gedruckt, respektive lithographiert ist und
auch den Namen des Schöpfers haben wir
deutlich vor uns. Ueberschaut man diese Kron-
landskarte mit dem ersten Blick, so ist einem die
außerordentliche Deutlichkeit jedes Striches, jedes
Wortes und die lebhafte Kolorierung auffallend.
Eine gewisse Breitspurigkeit tritt einem entgegen,
die wir als die Hauptursache der leichten Faß
lichkeit bezeichnen möchten. Die Schraffierungen
sind so zurückhaltend als nur möglich, wodurch
die einzelnen Striche, mögen sie Flußläuse oder
Grenzlinien bedeuten, außerordentlich klar her
vortreten. Lamprecht hat mit dieser Ausführung
gewiß erreicht, was er gewollt hat — den
Schülern verständlich zu sein.
Ohne Zweifel ist diese Uebersichtlichkeit
eine frappierende, selbst in den neuesten Schul
karten kann Besseres kaum geleistet werden.
Von Nordwesten verläuft über das ganze
Kartenbild gegen Ost-Süd ein mächtiger schwarzer
Streifen mit unzähligen Windungen und Bie
gungen — die Donau bis Sarmingsteiu-Röchling,
bei welch letzterem Ort dir niederösterreichische
Landesgrenze erreicht ist.
Ein ganz unübertroffenes Beispiel dies
bezüglich bietet uns die Karte des Bezirkes
Schärding, die im Museum ausgestellt ist, aber
leider zu eine geringe Beachtung findet. Was
uns Lamprecht in dieser Karte alles erzählt
und vorführt, dürften wir getrost als eine
umfangreiche Separatbeschreibung in Buchform
übertragen können.
Um nun zu unserer Karte wieder zurück
zukommen, wollen wir uns die untere rechte
Ecke etwas genauer besehen. Wir finden da die
Zeichenerklärung.
Aus derselben ist zu entnehmen, wie reich
haltig diese Karte von Lamprecht ausgestattet
wurde.
Da finden wir: Haupt- und Kreisstädte,
Märkte, Flecken und kleinere Orte, Stifte und
Klöster, Heilquellen und Bäder, Ströme und
Flüsse mit Brücken, kleinere Flüsse und Bäche,
größere und kleinere Seen, Sitz der k. k. Statt
halterei, Sitz eines k. k. Bezirksamtes, beschöflicher
Sitz, Dekanats, Pfarreien, Postämter und Expe
ditionen, Salzbergwerke und Braunkohlenberg
werke, Telegraphenstation, Eisenbahnen mit
Dampf, Pserde-Eisenbahnen, Eisenbahnstationen,
Reichs- und Landesstraßen, Telegraphenleitungen
längs der Landes-, Bezirks- und Reichsstraßen
und Eisenbahnen, Dampfschiffahrts-Stationen,
Landesgrenzen, Kreisgrenzen. Also eine reiche
Auswahl von Aufzählungen. Dann der Maß
stab in zweifacher Anordnung: „Maßstab von
fünf geographischen Meilen" und „Maßstab von
sechs obderensischen Reisestunden".
Deutlich heben sich die Zuflüsse am linken
Donauufer ab. Sie ziehen von Norden nach
Süden fast gerade aus; jedes Kind begreift und
merkt sich dies leicht, wenn es selbe auf der
Karte einigemale gesehen hat. Sie sind der Reihe
nach in unserem Kronlande: die Rana, die kleine
und große Mühl, die Rotel, Gusen, Aist, die
Naaren und Jsper. Letzterer Fluß bildet längs
eines Stückes der Gemeinde Waldhausen die
Grenze gegen Niederösterreich.
Vom Südwesten her, dann im nördlichen
Laufe begrenzt unser Kartenbild der Inn. Die
Ausführung dieses Grenzstromes ist auch kräftig
durchgeführt. Die Karte zeigt uns deutlich die
Wasserscheiden, den Kobernaußer- und Hausruck
wald und wie die Flußläufe dem Inn-, Salz
ach- und Traungebiete zueilen. Südlich vom
Donaugebiete leuchten uns die großen und kleinen
Seen in heller Bläue entgegen und von ihnen
aus ziehen in mächtigen Strängen die Enns und
und die Traun donauwärts. Jeder größere
Nebenfluß ist bezeichnet und leicht auffindbar.