Volltext: Der Sammler 10. Jahrg. 1914 (1914)

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daß die fast wehrlos gemachte Stadt, in der sich 
die Oesterreicher festgesetzt hatten, von den bayri 
schen Bauern in Sturm genommen wurde. Er 
mußte es mit Schaudern anhören, wie die Bauern 
führer sagten, wenn die Stadt nicht innerhalb 
4 Stunden übergeben wirch wird dieselbe voll 
ständig zerstört, und nach deren Eroberung auch 
das Kind im Mutterleib nicht geschont. 
Es mußte den Wasserspender für die Stadt 
besonders betrüben, daß er mit seinem köstlichen 
Naß der Bewohnerschaft auch nicht mehr dienen 
konnte, denn während der siebentägigen Ein 
schließung haben die Bauern auch die Wasser 
leitung zerstört. Ganz hilflos stand er auf 
seinem hohen Piedestal, wohl der peinlichste 
Augenblick für den bewährten Wasserspender. 
Nach dieser betrübendenZeit sah er Schärding 
neuerlich als Festung erstehen, als Hauptlager 
der Oesterreicher unter Kevenhüller im österr. 
Erfolgekrieg. Den berühmten Bandurenführer 
Trenk lernte er nebst Barnklau kennen. Er 
hörte den Donner des Gefechtes an der Rotbrücke 
zwischen den Bayern und Oesterreichern und sah 
ringsum sich den grellen Feuerschein, als das 
Churfürstliche Schloß und mit ihm ein großer 
Teil der Stadt in Asche gelegt wurde. 
Verschiedenen Hoheiten war er dienstbar, 
sogar die französische Staatsgewalt herrschte 
über ihn als unheilvolles Ergebnis der Napo 
leonischen Kriege. Drei feindliche Invasionen 
hielt er aus, bei der Beschießung der Stadt im 
April 1809 blieb er wie durch ein Wunder un 
verletzt. Er hat den Jammer und das Elend 
gesehen, den die französischen Plünderer in der 
Stadt, die ein rauchender Trümmerhaufen war, 
anrichteten. Von freudigen Ereignissen weiß er 
wenig zu berichten. Nach langjähriger Ruhe 
wurde die Stadt mit seiner Leistung unzufrieden 
und da er nicht imstande war, mehr zu bieten, 
mußte er dem Willen des anspruchsvoll gewor 
denen Volkes weichen. Im Jahre 1884 wurde 
Dös hats denn da a gar mächti gfreut 
Ma redn von allerhand, 
Auf oanmall schleppts mi fort und soat: 
Jetzt schauma umadum. 
Denn Zeit is kurz, i fahrat gern 
Schon Morg'n in aller fruah. 
Und schnadern kinna ma danach 
Im Ausifahrn nu gnua. 
ianiiHiiiii 
Abonniert das 
„Schärdmger Wochenblatt!" 
JSiüfriidj f> fär&ncn. 
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er noch mit einem Hochstrahlrohre versehen, das 
sein Wasser hoch über ihn in die Lust sandte — 
dann hatte er seine Schuldigkeit getan — und 
verschwand. 
Nun ist er wieder unter uns. 
Die Erkenntnis und die Erinnerung 
daran, daß sein Reich, „der Brunnen am 
Stadtplatz", auch eine Zierde für die altertümliche 
Stadt war — ließ ihn neuerlich ans Licht 
kommen — gerade in einem Augenblick, der für 
uns den Beginn einer großen Zeit bedeutet. 
Was er durch länger als ein Jahrhundert nicht 
mehr sah, konnte er unmittelbar nach seinem 
nunmehrigen Erscheinen beobachten. Er kam 
eb'en zurecht,- als die wehrhaften Söhne und 
Männer der Stadt auszogen, zur Abwehr eines 
grausamen, das Vaterland und das deutsche 
Volk bedrohenden Feindes. 
Er ist nunmehr Zeuge der Verbrüderung 
der Völker diesseits und jenseits des Inn, jener 
Völker, die sich ja nach seiner Erinnerung so 
oft bekämpft haben. Möge er auch Zeuge des 
Ausdruckes der hohen Gefühle werden, die ein 
rühm- und siegreicher Krieg hervorzubringen 
imstande ist. 
Die Cegende vom bl. Georg. 
Gewöhnlich Ritter St. Georg genannt, 
soll er ein Kapodozischer Prinz gewesen sein, 
der um das dritte Jahrhundert lebte. Seine 
berühmteste Heldentat war die Besiegung des 
Lindwurm oder Drachen, der die Königstochter 
Aja zu verschlingen drohte, weshalb er gewöhn 
lich als ein schöner Jüngling in ritterlicher 
Rüstung auf einem Schimmel sitzend und einen 
Drachen mit einem Speer erstechend abgebildet 
wird. Auf Bildern sieht man ab und zu ober 
der Figur des hl. Georg einen Frauenkops 
gemalt, der wohl auf die sagenhafte Prinzessin 
Aja Bezug hat. 
Man betrachtet in dem hl. Georg die 
christliche Kirche, wie sie gegen ihre Gegner 
streitet, auch will man in dem Lindwurm den 
Unglauben sehen, den die Kirche bekämpft. Aus 
diesem Grunde haben auch die Kämpfer gegen 
die Ungläubigen den hl. Georg in ihrein 
Panier geführt. 
Der Ritter Georg, der unseren Stadt 
brunnen ziert, ist als Reiter. aufzufassen, der 
vom Pferde gestiegen ist, um den Lindwurm zu 
töten. Nun macht er ja wieder den Eindruck 
des sieghaften Ritters. Vor nicht gar langer 
Zeit war er schon dem Verfalle nahe und nur 
eine kunstgeübte Hand konnte ihn wieder zum 
Dasein erwecken. In viele Stücke zertrümmert, 
schien es kaum mehr möglich, die den alten 
Schärdingern so wohlbekannte Gestalt wieder in 
einen Zustand zu versetzen, die eine Aufstellung 
auf dern Brunnen erlaubte. (Fortsetzung folgt). 
Herausgeber: Der Museal-Verein Schärding. — Verantwortlicher Redakteur: Joh. Vees, Schärding. 
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