Volltext: Der Sammler 10. Jahrg. 1914 (1914)

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wendet, so daß sie 7ber, 8ber, Ober und lOber 
schrieben. Heute ist von dieser allgemein gang 
und gebe gewesenen praktischen Abkürzungsart 
nichts mehr in Uebung. Zunächst interessieren 
uns die Ausgaben. Die Reihenfolge der Aus 
gabsarten ist heute noch so wie vor hundert 
Jahren 
Gegenwärtig beginnnt die Gemeinderech 
nung mit dem Titel: Besoldungen und Deputate. 
Damals hieß die erste Post: „Auf Besoldungen, 
Pensionen und Bestallungen." 
Wir finden obenan in dieser Rubrik den 
Stadtsyndikus; das war zur Zeit der bayerischen 
Herrschaft der rechtskundige Magistratsrat. Wie 
wohl aber die Stadt schon 1779 an Oesterreich 
kam und die bayerischen Einrichtungen aufge 
hoben wurden, finden wir noch 30 Jahre später 
den Stadtsyndikus. 
Die Stadt war zur selbigen Zeit mit 
Kanzleipersonale zahlreicher versehen, als dies 
heute der Fall ist. Außer dem Syndikus gab 
es einen Expeditor und einen Kanzlisten 
und einen Stadtkümmerer. Dann war ein 
Stadtamtmann, heute Gemeindepolizei und ein 
Polizeikommissär. Letzter, ein Bürger, erhielt 
eine Remuneration. Außerdem bezahlte der 
Magistrat vier Torwarte für das Junior, Brücken 
tor, für das Obere und für das Passauertor. 
Bei dieser Post müssen wir uns unwillkürlich 
auf die wehrhafte Festungsstadt zu Anfang des 
18. Jahrhunderts erinnern und bezieht sich auch 
hierauf die eingangs gemachte Bemerkung. Mit 
dem war es aber noch nicht abgetan. Es saß 
am Oberen Torturm auch ein Turmwächter, und 
es sei als Kuriosum hier eingeschaltet, daß bis 
in die Fünszigerjahre des 19. Jahrhunderts hin 
ein immer wieder und wieder die Errichtung 
einer Turmwächterstelle verlangt wurde. Den 
damaligen Stadtbewohnern wäre ein solcher 
Wächter ohne Zweifel eine besondere Beruhigung 
gewesen. Es ist nicht mehr zur Kreierung eines 
so erhabenen Postens gekommen. 
Hiemit war aber der Schutz der Bewohner 
noch nicht erschöpft. Außerdem, daß die Tore der 
Stadt von den Torwarten abgesperrt waren, 
gingen in dieser noch vier Nachtwächter mit 
Laterne und Hellebarde herum und beruhigten 
mit ihrem Stundenausruf alles, was noch wach 
war. Man wußte also um jene Zeit auch, ohne 
daß man eine Uhr brauchte, bei Nacht, wie viel 
es geschlagen hatte. Das kann man heute nicht 
mehr haben, daher war das Abschaffen der 
schönen alten deutschen Einführung auch eine 
Art Rückschritt — ohne Zweifel. 
In früherer Zeit, also vor 1809, gab es 
auch einen Stadtprokurator. Im Gegenstands- 
jahre scheint ein solcher als aktiver Beamter 
nicht mehr auf, aber ein früherer bezieht die 
Pension, die 1809 erhöhtermaßen, wie es heißt, 
verabfolgt wurde. — Endlich wurden noch drei 
Getreidmesser honoriert. 
Man sieht also, die Verwaltung der Stadt 
repräsentierte sich als ein ziemlich kompliziertes 
und kostspieliges Räderwerk. 
Die Ausgaben und Einnahmen bewegen sich 
im Jahre 1809 zwischen 8000 und 9000 Gulden, 
wovon der vierte Teil für den Titel „Besol 
dungen und Bestallungen" verwendet werden 
mußte. Die Ausgaben betrugen 9175 Gulden, 
die Einnahmen 8983 Gulden, so daß aus dieser 
Rechnung ein Rechnungsrest von 192 Gulden 
für den Rechnungsleger verblieb, das heißt, daß 
ein Abgang war. 
Dieses scheinbar günstige Ergebnis für das 
Kriegsjahr, in dem die Stadt zerstört wurde, 
hätte wohl ein ganz anderes Gesicht erhalten, 
wenn die Stadtkammer nicht einen Teil der 
Zinsen rückständig geblieben wäre, Anen Teil 
der Belastung auf das - kommende Jahr über 
wälzt hätte, wenn nicht auch der Verkauf der 
Zwinger-Gründe durchgeführt und überdies ein 
Darlehen von 1300 Gulden aufgenommen worden 
wäre. Wie knapp das Geld zur selbigen Zeit 
war, mag daraus hervorgehen, daß die Stadt 
bei keinem Fonds Geld entlehnen konnte, sondern 
sie mußte sich an einen Privatmann wenden. 
Wir finden unter dem Titel „An aufgenommenen 
Geldern" folgenden Posten: 
Von Anton Kaltenecker, bürgerlicher Kirsch- 
nermeister in Ried, zur Bestreitung der Kriegs 
und Brändlasten ein aufgenommenes Kapital, 
welches in einer besonderen Rechnung ausge 
wiesen wurde, erhielt der Stadtkammerrat als 
Vors ch u ß 1300 Gulden. 
Die alljährlich wiederkehrenden Einnahmen 
waren der Bierpfennig, der 1125 Guldepi be 
trug, Interessen von den in Linz anliegenden 
Kapitalien im Betrage von 58 fl. 50 kr., dann 
Einnahmen von sogenannten Gaden oder be 
ständigen Grundgilten, 39 Posten der Reihe 
nach, die insgesamt nur 20 Gulden eintrugen. 
Dann kommt eine fast gleich lange Reihe von 
Einnahmsposten, betreffend den Stadtzins und 
Stiften. Diese Rubrik brachte im Ganzen 47 Gul 
den ein. Unter diesen Titel wären die heutigen 
Anerkennungszinse einzureihen. 
Die Stadtkammer ließ keinerlei Verände 
rung und wenn sie auch eine geringfügige war, 
ohne Einspruch gelten, ohne daß ihr nicht jede 
Sicherheit vor nachheriger Ueberoorteilung ge 
geben war. So mußte zum Beispiel der Gast 
wirt Paul Hecke! für die Benützung der Zwin 
germauer in Aichbichl bezahlen, sowie der Wagner- 
Johann Linzmayer ob eines in der Zwinger 
mauer ausgebrochenen Fensters 18 3 / 4 Kreuzer 
bezahlen mußte. Nach und nach wurden die 
Zwingergründe, das sind jene Streifen um die 
Stadt gewesen, die zwischen der Stadtmauer 
und der rückwärtigen'Hausseite gelegen waren, 
verkauft und im Jahre 1809 wurde damit be 
gonnen. Es entfielen dann für die Folge die 
sogenannten Gaden oder beständigen Gilten.
	        
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