Volltext: Der Sammler 8. Jahrg. 1912 (1912)

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einen eingeschlafenen ermüdeten Wanderer, der 
an einen Steinblock hingetehnt schlummert. 
Nun kommen wir zu der langen Reihe 
von Widmungsversen und Sprüchen. 
Die Schwester des Stammbuchbesitzers 
stellt sich auch mit einer kleinen Zeichnung ein, 
und selbst der sechsjährige Bruder widmet in 
säuberlicher Kinderschrift einen hübschen Vers: 
„Vergiß nie Deinen Gott, die Eltern und den 
Freund, 
Sei jeder Tugend hold, und jedem Laster feind. 
Die Tugend führt allein zu dem vergnügten 
Leben, 
Sie wirket,Seelenruh und wird Dir Ehre geben". 
Josef Ratschker, Studierender, Salz 
burg 1832, schreibt in launiger Weise: 
Rauche ein Pfeifchen in stillem Vergnügen, 
Leere ein Gläschen mit männlichen Zügen, 
Hast Du ein Mädchen, so lieb es getreu, 
Dann flieh'n Dir die Jahre wie Stunden vorbei". 
Am 24. April 1830 schreibt Alois Fahrer, 
königl. Posthalter in Neuhaus: 
„Wenn Dich des Lebens Pilgerreise drückt. 
Dann wünsch ich Dir ein Hüttchen nur. 
Wo auf der friedlich stillen Flur 
Dich Ruh und Freundschaft sanft beglückt". 
Der in Schärding im besten Andenken 
fortlebende Lehrer Josef Hochegger sen. schreibt 
seinem ehemaligen Schüler: 
„Besser ist's beweint auf Erden, 
Als durch Menschen Fluch entweiht. -- 
Tränen unser'm Tod geweiht. 
Besser, als vergessen werden". 
Leopold Wishoser stellt sich ebenfalls mit 
einem fühlenden Spruche ein: 
„Glück, sei Dein schönes Los auf Erden, 
O, Freund! um beglückt zu werden 
Braucht's wenig nur Zufriedenheit: 
Dies sei Dein Teil! Durchlebte Tage 
Voll Seligkeit, die keine Klage 
Kein düstrer Gram entweiht". 
Aus Schärding finden wir noch zahlreiche 
Widmungen vor. Von Franz Frankenberger, 
Johann Schiller, Lehrgehilfe, Seraphine Kik- 
inger, Wilhelm Kopf, Sebastian Wagnthaler. 
Karl Schläger schreibt: 
Als ich in ein mir fremdes Land 
Geschleudert ward durch Schicksals Hand, 
Kamst Du auf meinen Wegen 
Mir gleich als wahrer Freund entgegen. 
Wir haben Schärdings bittre Stunden 
Und reine Freuden auch empfunden. 
Es ruft die Pflicht! ich muß von hinnen eilen. 
Doch uns're Freundschaft dauert fort. 
Geschieden wohl durch viele Meilen 
Ist mir Dein Biedersinn genügend Hort. 
Aus diesem und zahlreichen anderen Ge- 
dichtchen geht hervor, daß das Stammbuchblatt 
schreiben nicht in schablonenhafter Weise be 
trieben wurde, sondern, daß 'man sich -bemühte, 
etwas Gediegenes aus dem Dichterheim zu fin 
den, oder sich selbst in den .Dienst des Pe 
gasus stellte. 
Eduard Franz Weisberg, Medizinalchirurg 
und Aceucheur, faßt das Leben von der heiteren 
Seite auf, indem er sich wie folgt vernehmen läßt: 
„An eines sanften Mädchens Seite, 
Die tugendhaft und reizend ist, 
Sei voll von Zärtlichkeit und Freude, 
Dein ganzes Leben hoch versüßt. 
Von ihrem schönen,Arm umwunden, 
Von ihrer schönen Hand, gedrückt. 
Dies, liebster Freund, dies sind die Stunden, 
Wo man des Lebens Wert erblickt. 
Sodann finden wir die Namen Pärtl, 
I. N. Dreiblmayr, Pramer, C. Weyland. 
Ignaz Döpfer preist die Freundschaft 
wie folgt: 
Treue Freundschaft macht das Glück des Herzen, 
Treue Freundschaft lindert manche Schmerzen, 
Freundschaft ist das Zauberdand, 
Das der Schöpfer um die Seele wand. . 
Freund Wilhelm Primbs aus Schärding 
hält es mit den Tanzlustigen. Er sagt: 
Freund! was soll denn ich Dir hier geben 
Ins Buch der Freundschaft? 
Sieh' in fünf Worten steht es hier: 
Tanze froh durchs ganze Leben! 
Toni Pirkmayer, Valentin und Therese 
Kopf und Ursula Wishoser stellen sich ein; letz 
tere mit einer auffallend zierlichen Kleinschrift. 
Elise Schmäht, Schärding, 20. Mai 1832, 
schreibt gemütvoll: 
Alles wanket, alles sinket. 
Was der Mond, beglänzt, vergeht, 
Und die Rose, die am Morgen winket. 
Ist oft, eh' der Abend taut, verweht! 
Nur des Herzens stillen Frieden 
Störet nicht der Schicksalsstürme Wut, 
Und dies schöne Glück ist Ihnen ja beschieden. 
Denn Ihr Herz ist rein und gut. 
Es geht aus all den Reimen und Sinn 
sprüchen hervor, daß man dem Freunde mit der 
Widmung in das Stammbuch etwas sagen 
wollte, was nicht nur eine Versicherung der be 
stehenden Freundschaft war, sondern es wurden 
dabei auch ganz bestimmte Charaktereigenschaften 
gepriesen, die Herzensgüte, der Edelsinn, der 
Frohsinn u. dgl. m. 
Mit einem markigen Spruche wollen wir 
die Reihe der verschiedengestaltigen Widmungen 
schließen.
	        
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