Volltext: Nr. 9 1928 (Nr. 9 1928)

Zu ihrem Unglück kam aber gerade der General 
Beutegourd an diesem Sammelplatz vorüber. General 
Beutegourd war der Kommandant der 51. Division; das 
war eine Kanaille, wie sie im Buche stellt. 
Ihr werdet verstehen, sagte Pierre, daß ich gute 
Gründe habe, wenn ich ihm diesen Titel gebe, für den 
sich doch eine Menge Anwärter unter den hohen Stabs- 
vffizieren befinden. 
Unter all diesen Offizieren zeichnete er sich durch be- 
sondere Roheit und Gemeinheit aus. Im Felde richtete 
er die Pistole gegen seine eigenen Leute, ja er sprach da- 
von, er müßte die französischen Soldaten ausrotten lweil 
ihm das bei den feindlichen wesentlich schwerer war). 
Oft prügelte er Nachzügler und Soldaten, die zu spät 
kamen, eigenhändig mit seinem Rohrstock. 
Bei Guignicourt hinderte er die Mannfchust, gleich- 
falls mit Schlägen, das Wasser zu trinken, das die Be- 
völkerung für sie in Eimern an den Straßenrand gestellt 
hatte. Roch manche ähnliche Heldentaten weiß man von 
ihm zu berichten. 
Begleitet von seinem Stabe, ritt er -)ie Straße ent¬ 
lang und traf auf die Reste des 237. Regiments. 
„Wer sind diese Leute?" knurrte dieser qute Herr, 
und war schon wütend. Einer antwortete ihm. 
„Was sagen Sie? Ihr sucht euer Regiment? Das ist 
mir noch nicht vorgekommen! Ein Korporal, sechs Mann 
sind sofort zu erschießen!" 
Wette 4 
Nachrichte« 
Nr. 9 
hafter wirkenden Gifren. Um den Kampf „ehrenhaft bis 
zum endgültigen Siege" zu führen. 
Die Beendigung des Krieges machte dem Fortschrei- 
ten der Giftgaskampftechnik ein Ende. Glaubte man! 
Inzwischen hört man aber wiederholt, daß die Tech- 
nik vervollkommnet, neues, noch gräßlicher wirkendes 
.Gas für Kriegszwecke erfunden hat. Nicht mehr aus¬ 
schließlich durch Geschosse, sondern durch Flugzeuge soll 
Gas verbreitet werden. Flugzeuggeschwader sollen auch 
auf Städte weit hinter der Front Giftmiasmen herab- 
lassen, damit ganze Städte mit Kind und Kegel, mit 
allen Lebewesen ausgerottet werden. 
Dieser Rüstungswahnsinn, dieser Mißbrauch der Wif- 
senschaft für Mordzwecke muß die gesamte gesittete 
Menschheit zwingen, gegen diese Pläne des Entsetzens 
aufzutreten, den wenigen blutdürstigen Menschen das 
Recht zu entreißen, über zwei Millionen Männer, Frauen 
und Kinder, Menschen, Tiere und Pflanzen Tod und Ber- 
derben zu bringen. 
Immer entwickelter wurde die Giftgastechnik und 
mit Schaudern denken wir an einen zukünftigen Krieg, 
in dem die ganze Menschheit ausgerottet werden kann. 
Mit allen Pazifisten der Welt protestieren wir gegen 
diese Verbrechen an der Menschheit. Man lasse über 
Krieg und Frieden das Volk selbst entscheiden und es 
wird keine Kriege mehr geben. 
Nieder mit dem Kriege, es lebe der Friede! Nieder 
mit der Produktion immer neuer Giftgase. Die Bor- 
kommnisse von Hamburg haben deutlich genug gezeigt, 
wie entsetzlich sich ein neuer Krieg für ein ganzes V?lk, 
ja für Völker auswirken würde. 
Kein Krieg hat eine Berechtigung, jeder Krieg ist 
eine Torheit. Denn nicht durch Krieg wird dem Rechte 
geholfen. Der Stärkere, der Grausamere siegt über den 
Schwächeren, Milderen. 
So lange es Kriege gibt, steht der Mensch weit unter 
dem Tiere trotz seiner Kultur, er ist weit davon entfernt, 
„Mensch" zu sein. 
Die Völker wollen keinen Krieg, sie wollen friedliche 
Entwicklung. 
Winke Kr FunMMe. 
Fortsetzung. 
Man gewöhne sich ab, den Redner vor der Versamm, 
lung mit de.n verschiedensten Fragen zu bestürmen, bis er 
seine Rede beginnt. Es ist begreiflich, daß die Mitglieder 
die Gelegenheit benützen, um vom Referenten Aus- 
fünfte einzuholen. Sie müssen aber bedenken, daß der Re- 
ferent unmittelbar vor Beginn Beobachtungen über 
Stimmung usw. machen muß, um in seinem Referate da» 
Richtige zu treffen, daß er seine Gedanken sammeln muß 
und nicht abgelenkt werden soll. Es ergibt sich auch nach 
der Versammlung Gelegenheit für Auskünfte. Da muß der 
Vorsitzende (Obmann) zum Rechten sehen. 
Auch darauf ist zu achten, daß Versammlungen nicht 
für einen Tag einberufen werden, an dem eine Reihe an- 
derer Veranstaltungen stattfindet, um allen Mitgliedern 
den Besuch zu ermöglichen 
Der Vorsitzende hat darauf zu achten, daß die Debat- 
ten in sachlicher Art abgeführt werden. Jede beleidigende 
unsachliche Kritik oder Aeußerung ist zurückzuweisen, 
weil sonst leicht Mitglieder, besonders neue abgestoßen 
werden könnten. Nicht alle Kleinigkeiten und Kleinlich- 
leiten gehören in die Versammlung; diese sollen in der 
Ausschußsitzung behandelt werden. 
Me Versammlung soll pünktlich beginnen. Der Be- 
richterstatter hat nach abgeführter Debatte das Schluß» 
wort. Nach diesem kann niemanden mehr das Wort er- 
teilt werden und es gelangen die eventuell gestellten An- 
träge zur Abstimmung. Der Vorsitzende bringt den An- 
trag noch einmal zur Kenntnis und ersucht durch erheben 
der Hand zu zeigen, ob die Versammlung mit dem An- 
trag einverstanden ist. Sind mehrere Anträge gestellt, so 
kommt einer nach dem anderen zur Abstimmung. Sind 
zum gleichen Gegenstand mehrere Anträge gestellt, so ge- 
langt der weitestgehende zuerst zur Abstimmung. Z. B.: 
Kamerad Meier beantragt die Abhaltung eines Garten- 
konzertes am 10. Juli, Kamerad Bauer dasselbe für den' 
15. August und Kamerad Huber anstatt eines Konzertes 
ein Wald- und Wiesenfest. Der Antrag Huber ist daher 
der weitestgehende und kommt zuerst zur Abstimmung. 
Er war gewohnt, daß sein Stab zu allen seinen Be- 
sehlen Ja und Amen sagte: so sehr ließen sich diese Offi¬ 
ziere von seinen vergoldeten Schnüren einwickeln. Dies- 
mal aber waren sie unwillig und erlaubten sich die Be° 
merkung: „Herr General, bei allem Respekt, die Erschie- 
ßung kann nicht stattfinden!" Sie bewiesen ihm die Un- 
Möglichkeit: die Truppe war nicht aus einer Schlacht ge- 
flohen, denn sie hatte gar nicht im Kampfe gestanden. 
Bei völliger Dunkelheit, in Ruhestellung, ohne Führer 
waren sie in die allgemeine Panik mit hineingezogen 
worden. Weiter erklärten die Offiziere: Man kann sieben 
Leute nicht einfach ohne Urteil und ohne vorangegangene 
Gerichtssitzung erschießen: gerade zu diesem Zwecke sind 
die Kriegsgerichte da. Zwei anständige Offiziere, der Ko- 
lonel Vezat und der Oberst Richard Vitry, hatten erst 
diese Vernunftgründe angeführt, die jedoch den General 
nicht überzeugten; darauf versuchten sie, diesen „Sul- 
tan", der über Tod und Leben zu entscheiden hatte, 
durch Bitten zu erweichen. Nichts half. Der General ließ 
die sieben Menschen auslosen und befahl ihnen, sich ab- 
feits zu stellen. Er selbst blieb da, um sich das „Schau- 
spiel" anzusehen. Diese Grausamkeit freute ihn. Es 
machte ihm auch Spaß, mit Nein zu antworten, als sich 
piner der Verurteilten vor ihm in die Knie warf, fein 
Mitleid erflehte und weinend von feinen fünf Kinder« 
erzählte. 
"Muß folgt.
	        
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