Volltext: Polizei-Humoresken [35/36]

Die verwechselte Partei. 
Zu den verschiedenen Unannehmlichkeiten des Polizei⸗ 
dienstes gehören auch die Amtshandlungen bezüglich Geistes— 
kranker oder olcher Personen, die geisteskrank scheinen und 
zur weiteren Beobachtung der psychiatrischen Klinik über— 
geben werden müssen. Eigentlich wäre die Unterbringung von 
Kranken Sache der Sanitätsbehörde, etwa der Gemeinde. 
Aber in der theresianischen Zeit sollen sich Unzukömmlich— 
keiten ereignet haben, indem Freiheitsberaubungen vor— 
gekommen sind, bei denen man eine angebliche Geisteskrank— 
heit von Personen vorschützte, die man für längere oder für 
kürzere Zeit oder vielleicht für immer los sein wollte. Und 
da wurde ein Hofdekret oder eine seither ebenso alterss chwach 
gewordene Ministerialverordnung geschaffen, in welcher es 
heißt, daß keine Person in eine staatliche oder private Nerven— 
heilanstalt gebracht werden dürfe, wenn nicht ein polizei— 
aͤrztliches Gutachten diese Unterbrindung als notwendig be— 
zeichnet. Es hat wohl keinen Polizeibeamten und keinen Amts— 
arzt gegeben, der diese Verordnung nicht als eine unnötige 
Bebastung der ohnehin reichlich mit Pflichten aller Art ge— 
segneten Polizei erklärt hätte, aber heute noch ebenso wie zur 
therestanischen Zeit müssen Polizeibeamte, Aerzte und 
Kriminalbeamte sich mit der Prüfung und der Unter— 
—D 
So war dies auch wieder einmal beim Kommissariat 
Alsergrund der Fall. Alles Murren des Kriminalbeamten 
fruchtete da nichts. Er mußte den bes chwerlichen Weg in die 
Wohnung des als geisteskrank bezeichneten Mannes machen 
und diefen unter Lockungen aller Art, unter der Vor— 
spiegelung, daß es sich nur um eine Auskunftserteilung in 
einer Exbschaftsangelegenheit handle, zum Kommissariat 
bringen. Nach vielfachen Bemühungen war ihm dies geglückt, 
und der Polizeiarzt sollte nun durch Fragestellungen, nach 
Krankheiten in der Familie, nach der Lebensführung und der— 
gleichen mehr, einen Eindruck gewinnen, ob der Mann wirk—⸗ 
lich an einer Erkrankung des Gehirns leide, ob er gemein— 
gefährlich für seine Umgebung, ob er heilbar sei oder nicht. 
Der arme Polizeiarzt sollte da binnen wenigen Minuten eine 
Entscheidung treffen, zu der Spezialprofessoren, Autoritäten
	        
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