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Amte den keineswegs angenehmen Vorgang einer Leibes⸗
durchsuchung gefallen lassen, welche der Zukunfts-Sherlock
Holmes in seinem Amtszimmer selbst an ihm vornahm. Die
gesuchte Brieftasche wurde aber bei ihm nicht gefunden. Längst
hatte er sie einem, Mits chuldigen zugesteckt oder sich während
der Eskortierung ihrer entledigt. Weder den Bestohlenen noch
auch die Beute haben, das war zu wenig, um einen Erfolg
erzielen zu können, und so blieb nichts andres übrig, als den
Verhaftetken wieder zu entlassen, sich noch bei ihm zu ent—
schuldigen und ihn zu bitten, von einer Beschwerde Abstand
zu nehmen. „Für diesmal will ich Ihre Entichuldigung noch
—ä nicht ein
andres Mal durch Ihren Uebereifer die Finger verbrennen!“
entgegnete der Freigelassene und entfernte sich eilig aus dem
Amtsgebäude.
Auch der Beamte wollte wieder sein Amtszimmer ver—
lassen, um sich neuerdings auf Taschendiebsjagd zu begeben,
als er zu seinem Schrecken wahrnahm, daß ihm selbst die Uhr
und die Brieftasche fehlten. Nicht einer der Taschendiebe von
der Straße etwa konnte diesen Diebstahl begangen haben,
sondern einzig und allein jener Dieb, den er in Haft gehabt
und wieder freigelassen hatie. Dies festzustellen, dazu bedurfte
es keines besonderen kriminalistischen Scharfsinns, denn es
waren auch zwei Theaterkarten für denselben Abend abhanden
gekommen, die der Beamte auf dem Schreibtisch liegen hatte.
Während er an dem Diebe die Leibesdurchsuchung vor⸗
genommen, hatte dieser ihn selbst bestohlen, ein Mißgeschick,
wie es wohl selten einem Polizisten widerfahren ist. „Aber
jetzt bekomme ich ihn sicher, jetzt wird er mir nicht mehr ent⸗
gehen!“ tröstete er sich und verständigte telephonisch die
Theaterkanzlei, daß ihm die beiden Karten, deren Nummern er
bannte, abhanden gekommen seien. Man möge jene Personen,
— anhalten, und ihn im Amte,
wo er auf die Verständigung warte, telephonisch davon sofort
in Kenntnis setzen, damit er Verfügungen wegen des An—
gehaltenen treffe. Und dann wartete er ungeduldig den ganzen
Abend, aber die Verständigung kam nicht. Der Dieb hat es
doch vorgezogen, nicht in die Falle zu gehen, dachte er, und hat
die Karten nicht benützt.
Am nächsten Morgen wurde er aber eines Besseren
belehrt, durch einen Brief nämlich, der ihm durch die Post
uͤbermittelt wurde und mit welchem der, Dieb sich für das bei
der Theatervorstellung genossene Vergnügen bedankte. Dann
hieß es weiter: „Geben Sie das Polizeiges chäft auf, Herr
Soltor. Dazu taugen Sie nicht. Daß Sie Ihr Mißge hick,
durch mich in Ihrem eigenen Amte bestohlen worden zu sein.