Volltext: Polizei-Humoresken [35/36]

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Amte den keineswegs angenehmen Vorgang einer Leibes⸗ 
durchsuchung gefallen lassen, welche der Zukunfts-Sherlock 
Holmes in seinem Amtszimmer selbst an ihm vornahm. Die 
gesuchte Brieftasche wurde aber bei ihm nicht gefunden. Längst 
hatte er sie einem, Mits chuldigen zugesteckt oder sich während 
der Eskortierung ihrer entledigt. Weder den Bestohlenen noch 
auch die Beute haben, das war zu wenig, um einen Erfolg 
erzielen zu können, und so blieb nichts andres übrig, als den 
Verhaftetken wieder zu entlassen, sich noch bei ihm zu ent— 
schuldigen und ihn zu bitten, von einer Beschwerde Abstand 
zu nehmen. „Für diesmal will ich Ihre Entichuldigung noch 
—ä nicht ein 
andres Mal durch Ihren Uebereifer die Finger verbrennen!“ 
entgegnete der Freigelassene und entfernte sich eilig aus dem 
Amtsgebäude. 
Auch der Beamte wollte wieder sein Amtszimmer ver— 
lassen, um sich neuerdings auf Taschendiebsjagd zu begeben, 
als er zu seinem Schrecken wahrnahm, daß ihm selbst die Uhr 
und die Brieftasche fehlten. Nicht einer der Taschendiebe von 
der Straße etwa konnte diesen Diebstahl begangen haben, 
sondern einzig und allein jener Dieb, den er in Haft gehabt 
und wieder freigelassen hatie. Dies festzustellen, dazu bedurfte 
es keines besonderen kriminalistischen Scharfsinns, denn es 
waren auch zwei Theaterkarten für denselben Abend abhanden 
gekommen, die der Beamte auf dem Schreibtisch liegen hatte. 
Während er an dem Diebe die Leibesdurchsuchung vor⸗ 
genommen, hatte dieser ihn selbst bestohlen, ein Mißgeschick, 
wie es wohl selten einem Polizisten widerfahren ist. „Aber 
jetzt bekomme ich ihn sicher, jetzt wird er mir nicht mehr ent⸗ 
gehen!“ tröstete er sich und verständigte telephonisch die 
Theaterkanzlei, daß ihm die beiden Karten, deren Nummern er 
bannte, abhanden gekommen seien. Man möge jene Personen, 
— anhalten, und ihn im Amte, 
wo er auf die Verständigung warte, telephonisch davon sofort 
in Kenntnis setzen, damit er Verfügungen wegen des An— 
gehaltenen treffe. Und dann wartete er ungeduldig den ganzen 
Abend, aber die Verständigung kam nicht. Der Dieb hat es 
doch vorgezogen, nicht in die Falle zu gehen, dachte er, und hat 
die Karten nicht benützt. 
Am nächsten Morgen wurde er aber eines Besseren 
belehrt, durch einen Brief nämlich, der ihm durch die Post 
uͤbermittelt wurde und mit welchem der, Dieb sich für das bei 
der Theatervorstellung genossene Vergnügen bedankte. Dann 
hieß es weiter: „Geben Sie das Polizeiges chäft auf, Herr 
Soltor. Dazu taugen Sie nicht. Daß Sie Ihr Mißge hick, 
durch mich in Ihrem eigenen Amte bestohlen worden zu sein.
	        
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