Volltext: Das Weltkriegsende

54 
Die rein militärische oberste Kriegsleitung 
Für die O.H.L. war es eine üble Überraschung, daß am 28. Ja¬ 
nuar 1918 in Berlin tatsächlich ein großer Streik von etwa 500 000 
Arbeitern ausbrach. Die Regierung zeigte Energie; sie verhängte 
den verschärften Belagerungszustand, so daß der Streik nach etwa 
acht Tagen zusammenbrach. In der Arbeiterschaft aber zitterte nach 
den Darlegungen des Generals v. Wrisberg (Der Weg zur Revolu¬ 
tion 1914—1918. Leipzig 1921, S. 102) eine starke Erregung nach, 
die sich in unvermindertem Mißtrauen gegen die Absichten der Reichs¬ 
leitung in der äußeren Politik und gegen die Festigkeit der preußi¬ 
schen Regierung in der Wahlrechtsfrage äußerte. 
Die große Gefahr des Streiks lag darin, daß eine Anzahl von 
Truppen und von Ersatzmannschaften im Jnlande festgehalten wurde, 
deren die O.H.L. an der Front dringend bedurfte. Außerdem konnte 
die gesamte Rüstungsindustrie unter Umständen in Mitleidenschaft 
gezogen werden. Besorgt schrieb Hindenburg am 17. Februar 1918 
an den Reichskanzler, er sei fest überzeugt, daß es nur durch Stärke 
und Festigkeit der Regierung gelingen könne, auf die Dauer größere 
Streiks zu verhindern. Er halte es für wichtig, sich in voller Öffent¬ 
lichkeit dazu zu bekennen, daß Streik während des Krieges Landes¬ 
verrat sei. Es sei vielleicht möglich, die Gewerkschaftsführer und die 
sozialdemokratischen Abgeordneten zu einer klaren Antwort aufzu¬ 
fordern, ob sie den Streik während des Krieges unbedingt verur¬ 
teilten oder nicht. Sie müßten Farbe bekennen. Lehnten sie die 
grundsätzliche Verurteilung des Streiks ab, so seien sie als Landes¬ 
verräter anzusehen, und die Festnagelung dieser Tatsache in Presse 
und Parlament würde voraussichtlich nicht nur ihre Anhängerschaft 
erheblich verringern, sondern auch die große Mehrheit des Volkes 
endlich über die staatszersetzenden Ideen der radikalen Sozialdemo¬ 
kratie aufklären. Vielleicht gelinge es auch, die wirtschaftsfriedlichen 
Arbeiterorganisationen zusammenzufassen und ihnen die gleiche 
staatliche Anerkennung zu geben wie den freien Gewerkschaften. Von 
größter Bedeutung aber sei es, die arbeitswilligen Arbeiter bei 
Streiks vor dem Terrorismus der Streikenden zu schützen. In die¬ 
sem Sinne wendete sich General Ludendorff tags darauf an den 
Kriegsminister v. Stein in Berlin und betonte die Notwendigkeit, 
unter Umständen gegen den Terrorismus mit schärfster Gewalt vor¬ 
zugehen. Wenn auch die Hoffnung bestehe, daß man in Zukunft ohne 
Waffengewalt werde auskommen können, so sei es doch nötig, sich 
für diese Fälle vorzubereiten, und dieser Grund sei auch für ihn be¬ 
stimmend gewesen, die gewünschten Truppen in Deutschland zu be¬ 
lassen oder bereitzustellen. 
Am 13. Februar 1918 fand zu Homburg in Gegenwart des 
Kaisers eine große Aussprache statt, bei der durch Vizekanzler
	        
Waiting...

Nutzerhinweis

Sehr geehrte Benutzerin, sehr geehrter Benutzer,

aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Webtechnologie, die im Goobi viewer verwendet wird, unterstützt die Software den von Ihnen verwendeten Browser nicht mehr.

Bitte benutzen Sie einen der folgenden Browser, um diese Seite korrekt darstellen zu können.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.