Volltext: Das Weltkriegsende

170 Me rein politische Kriegsleitung 
auf der Fahrt nach Berlin befunden, so daß der zuständige Bearbeiter 
der Presse selbständig den Armeebefehl zur vertraulichen Bekannt¬ 
gabe bei der Pressebesprechung in Berlin freigegeben hatte. Der ent¬ 
scheidende Schritt war aber nun einmal geschehen und nicht mehr 
rückgängig zu machen. Die Kraftprobe zwischen politischer und mili¬ 
tärischer Leitung mußte ausgetragen werden. 
An den Fronten sah die Lage sehr ernst aus. Am 24. Oktober 
hatte der italienische Angriff gegen die Gebirgsfront der Österreicher 
begonnen, der sich vom 26. Oktober an mit größter Kraft gegen die 
Piavefront richtete. Man mußte mit einem baldigen Friedensschluß 
Österreich-Ungarns rechnen. Die O.H.L. traf daher in Verbindung 
mit dem bayerischen Kriegsministerium bereits vorbereitende Schutz¬ 
maßnahmen an der Tiroler Grenze. 
Von der Lage an der deutschen Westfront berichtet Ludendorff in 
seinen Kriegserinnerungen: „Die Westfront stand am 25. abends in 
hoher Anspannung. Es war Kampf von der holländischen Grenze bis 
Verdun. Das Heer erhielt nichts mehr aus der Heimat. Jeder An¬ 
trieb fehlte. Cs war ein Wunder, daß es sich so heldenhaft schlug." 
Die Betriebslage der Eisenbahnen war bei den fortwährenden Räu¬ 
mungsarbeiten sehr ernst. Der Ausbau der wichtigen Antwerpen- 
Maas-Stellung schritt nur langsam vorwärts. Ihre Armierung be¬ 
gann gerade jetzt, und die O.H.L. rechnete damit, anfangs November 
in die Stellung zurückzugehen. 
Die beiden Heerführer waren am Nachmittag des 25. Oktober 
in Berlin eingetroffen und sofort nach Schloß Bellevue gefahren. Der 
Kaiser empfing die Generale in Gegenwart des neuen Chefs des Zi¬ 
vilkabinetts, C. v. Delbrück, traf aber keine Entscheidung und verwies 
die Generale mit ihrem Ersuchen um Abbruch der Verhandlungen an 
den Reichskanzler. Dieser ließ sie durch den Vizekanzler v. Payer um 
9 Uhr abends empfangen; Kriegsminister Scheüch und Admiral 
Scheer waren zugegen. Payer verhielt sich ganz ablehnend. Luden¬ 
dorff erkannte aus seinem Verhalten die Absicht des Kabinetts, ihn 
zum Rücktritt zu veranlassen und schrieb am nächsten Morgen sein 
Abschiedsgesuch, das er damit begründete, er habe aus seiner gestri¬ 
gen Besprechung mit dem Vizekanzler v. Payer die Überzeugung 
gewonnen, daß die Regierung sich zu einer Tat nicht mehr aufraffen 
würde. Für die Stellung der Regierung Wilson gegenüber wäre sein 
Abgang nunmehr vielleicht eine Erleichterung für Deutschland: da¬ 
rum bitte er Seine Majestät, ihn in Gnaden zu entlassen. 
Als Hindenburg am 26. Oktober früh Ludendorffs Gesuch zu 
Gesicht bekam, bat er ihn, es nicht abzuschicken; er solle bleiben und
	        
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