Volltext: Das Weltkriegsende

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Die rein politische Kriegsleitung 
deutschen Regierung an sämtliche Unterseeboot-Kommandanten Be¬ 
fehle ergangen, die eine Torpedierung von Passagierschiffen aus¬ 
schließen, wobei jedoch aus technischen Gründen eine Gewähr dafür 
nicht übernommen werden kann, daß dieser Befehl jedes auf See be¬ 
findliche Unterseeboot vor seiner Rückkehr erreicht." Auf die von Wil¬ 
son in seiner zweiten Note ausgesprochene Bedingung der Beseiti¬ 
gung jeder auf Willkür beruhenden Macht, „die für sich, unkontrol¬ 
liert und aus eigenem Empfinden den Frieden der Welt stören" 
könne, erwiderte die deutsche dritte Note, daß bisher im Deutschen 
Reich der Volksvertretung ein Einfluß auf die Bildung der Regierung 
nicht zugestanden habe, und daß die Verfassung auch bei der Entschei¬ 
dung über Krieg und Frieden eine Mitwirkung der Volksvertretung 
nicht vorsah. Jetzt habe sich in diesen Verhältnissen ein grundlegender 
Wandel vollzogen, und die neue Regierung sei in völliger Überein¬ 
stimmung mit den Wünschen der aus dem gleichen, allgemeinen, ge¬ 
heimen und direkten Wahlrecht hervorgegangenen Volksvertretung 
gebildet. Die Verfassung des Reiches solle dahin geändert werden, 
daß zur Entscheidung über Krieg und Frieden in Zukunft die Zustim¬ 
mung der Volksvertretung erforderlich sei. Die Note schloß mit den 
Worten: „Die Frage des Präsidenten, mit wem er und die gegen 
Deutschland verbündeten Regierungen es zu tun haben, wird somit 
klar und unzweideutig dahin beantwortet, daß das Friedens- und 
Waffenstillstandsangebot ausgeht von einer Regierung, die, frei von 
jedem willkürlichen und unverantwortlichen Einfluß, getragen wird 
von der Zustimmung der überwältigenden Mehrheit des deutschen 
Volkes." 
In dieser Form ist die Note, in der die Regierung auch kräftige 
Verwahrung gegen den Vorwurf ungesetzlicher und unmenschlicher 
Handlungen in der deutschen Kriegführung eingelegt hatte, in der 
Nacht vom 20./21 Oktober an Wilson abgegangen. 
Für die Haltung des Prinzen Max waren nicht nur die in seinen 
ersten Kanzlertagen gemachten Erfahrungen, sondern auch zahlreiche 
Nachrichten maßgebend, die er über den Zustand der Armee und über 
die Entwicklung im Innern des Reiches erfahren hatte. In dem Te¬ 
lephonat Hindenburgs vom 20. Oktober war ihm das Wesentliche, 
daß die Westfront in größter Anspannung sei und ein Durchbruch 
möglich bleibe, wenn die O.H.L. ihn auch nicht befürchte. Ganz in 
diesem Sinne schilderte auch Kronprinz Rupprecht in einem Briefe 
vom 18. Oktober dem Reichskanzler die militärische Lage. Die Trup¬ 
pen seien übermüdet und in erschreckender Weise zusammengeschmol¬ 
zen. Bei einzelnen Armeen seien 50 Prozent der Geschütze ohne Be¬ 
spannung, auch fehle es an Munition. Aktive Offiziere seien nur noch 
in den höheren Stäben zu finden, abgesehen von Regimentskomman¬ 
deuren. „Die Stimmung der Truppe hat sehr gelitten und ihre Wi-
	        
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