Volltext: Der Jugendrotkreuz-Kurs in St. Martin

schule und damit in die Seele des Kindes hineingetragen wird. Ich wünsche dem 
Jugendrotkreuz den allerbesten Erfolg." 
Aus einem Vortrag des Schweizer Pädagogen T o b l e r auf dieser Konferenz, 
gehalten vor mehreren hundert Wiener Lehrern, einige Sätze: 
„Nicht nur in Österreich, sondern in fast allen Kulturländern hat das IRK Boden 
gefaßt. Es will dienen, helfen. Überall in der Welt ist so viel Hilfe notwendig. Schon 
vor dem Krieg hatten wir Geistig- und Seelisch-Bedürftige. Nun kommt dazu, was der 
' Krieg verwüstet hat, geistig und materiell, nicht nur in den besiegten, sondern auch in 
den Siegerstaaten. Bisher hat die Hilfe in der Hilfe von Erwachsenen bestanden. Nun 
soll auch die Jugend helfen, und das ist der neue Gedanke. 
Ich möchte das Psychische, das Ethisch-Soziale und das Schultechnische kurz 
begründen. Psychisch: Die neue Psychologie zeigt uns, daß das Primäre im Menschen 
das Triebleben ist. Das Triebleben ist in all seinen Formen durchaus egoistisch. Das 
Ich will sich durchsetzen. Nun kommt zu diesem egoistischen Trieb auch der Lernbetrieb 
in der bisherigen Schule. Machen wir uns einmal klar, was es heißt, in der Schule 
jahrelang für sich zu lernen. Die gegenseitige Hilfe ist ausgeschaltet. Jahrelang soll das 
Kind nicht an den Nachbar denken. Die Psychologie zeigt aber auch, daß dieses all 
gewaltige Triebleben vergeistigt werden kann. Es gilt, vom Ich zum Du zu 
gelangen, vom Wir zum Ihr. Und das geschieht durch das Hinlenken auf 
sozial wertvolle Arbeit. Dieses Hinlenken muß frühzeitig einsetzen. Bei uns Alten ist es 
bereits zu spät. Das Helsen entspricht durchaus der kindlichen Natur. 
Das Ethische: Es gilt, nicht nur die intellektuelle Arbeit der Schule, sondern noch 
etwas viel Tieferes zu erfassen: die Sittlichkeit. Wir alle haben keine besonders lieb- 
samen Erinnerungen, wie die Sittlichkeit früher bei der Jugend gehoben wurde. Mit 
Worten, mit Erzählungen, zum Teil sehr süßlicher Art, durch Rede und Gegenrede 
über das Gute hat man das Triebleben des jungen Menschen umzuwandeln versucht. 
Aber die gesunde Jugend hat nicht recht anbeißen wollen. Das ist leicht erklärlich. Der 
gesunden Jugend imponiert vor allem die Tat, nicht das Schwätzen. Pestalozzi 
hat gesagt: Fühlen, Schweigen, Tün ist der Jugend angemessen. 
Wir müssen dazu gelangen, die Sittlichkeit durch die Tat zu erreichen. Das Tun für 
andere ist das Wertvolle, das Dienen, Verzichten, die praktische Nächstenliebe. 
Schultechnisch: Es heißt, die Schule ist schon überbürdet. Kein Mensch wird das 
in Abrede stellen wollen. Aber es handelt sich ja nicht um ein neues Fach, es wird dem 
alten Stundenplan nichts Neues hinzugefügt, sondern es handelt sich um eine ganz 
neue Einstellung zum Leben. Das Ideal, bas uns in der heutigen Pädagogik vorschwebt, 
ist die Schnlgemeinschaft.(^)ie Kinder müssen Gelegenheit haben, ethisch-sozial nach innen 
i zu wirken. Aber die Schule muß auch Wirkung tun nach außen. Es entsteht die Frage: 
Ist die Schule weltfremd wie bisher oder wird sie weltfrendig? Wenn wir das Letzte 
fordern, dann heißt das einfach: Mittun, die Umwelt, die Mitmenschen in ihrer Not 
verstehen, nicht zuschauen mit dem Buch in der Hand, nicht von der Schulbank aus 
richten, ohne selbst etwas beizutragen. Im ,Dienen' liegt auch für die Jugend das 
Glück. Wer nicht in der Schule das ,Dienen' lernt, wird es überhaupt nie lernen. 
Nun besteht schon eine Organisation, das IRK, sodaß wir keine neue schaffen 
müssen, um zur Sittlichkeit durch die Tat zu gelangen. Mögen Lehrer und Lehrerinnen 
in seinem Geist und mit dem IRK zusammen arbeiten — über Parteien und Landes 
grenzen hinaus. Wir tun das nicht nur zum Wohl der Bedürftigen, sondern auch zum 
seelischen Wohl der Jugend, denn die gesunde Jugend will Liebe empfangen und will 
auch Liebe geben."
	        
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