Volltext: Die bayerische Ernährungswirtschaft im Kriege [66/68]

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C. Regelung der KartoffelbewirtsHaftung. 
Als sich im Winter 1914/15 erstmals die Folgen der feindlichen 
Blockade auf dem wirtschaftlichen und zwar hauptsächlich auf dem 
ernährungswirtschaftlichen Gebiete fühlbar zu machen begannen und 
die verantwortlichen Stellen sich mit dem Gedanken vertraut machen 
mußten, bei den wichtigsten Lebensmitteln, bei welchen mit einer 
vollen Deckung des Bedarfs infolge Wegfalls der Auslandseinfuhr 
nicht mehr gerechnet werden konnte, eine Beschränkung des Ver 
brauchs, also eine Rationierung eintreten zu lassen, da dachte wohl 
kaum jemand daran, daß sich im weiteren Verlaufe des Krieges 
eine solche Notwendigkeit auch hinsichtlich der Kartoffeln ergeben 
ivürde. Hatte doch in Friedenszeiten die Jnlandsernte zur Befrie 
digung des heimischen Bedarfs nicht nur völlig genügt, sondern da 
neben auch noch eine nicht unbeträchtliche Ausfuhr in das benachbarte 
Ausland, insbesondere in die Schweiz und Tirol, ermöglicht, und war 
die alljährlich im Spätfrühjahr erfolgende Einfuhr von Frühkartoffeln 
nicht einem Bedürfnis infolge Mangels an Kartoffeln, sondern der 
Gewohnheit der Bevölkerung entsprungen, in den letzten Monaten 
die Spätkartoffeln alter Ernte zu Speisezwecken nicht mehr zu ver 
wenden. So betrug z. B. noch im Jahre 1914 nach den angestellten 
statistischen Erhebungen die Kartoffelernte in ganz Deutschland 
911 Millionen Zentner. Es trafen demnach auf den Kopf der 
Bevölkerung 14 Zentner, also, auch wenn man entsprechende Mengen 
für Saatgut, für Industrie- und Futterzwecke in Abrechnung bringt, 
immerhin sicherlich noch genügend, um eine ausreichende Versorgung 
der Bevölkerung zu gewährleisten. Im Jahre 1915, einem be 
kanntermaßen sehr guten Kartoffeljahr, stieg sogar der Ernteertrag 
gegenüber dem Vorjahr noch um eine weitere Million, sodaß auf 
den Kopf der Bevölkerung 16)4 Zentner Kartoffeln gekommen wären. 
Und doch zeigten sich schon im Herbste 1915 Schwierigkeiten in der Ver 
sorgung vor allem der Großstädte und der westlichen Industrie- 
bezirke und zwar in solchem Maße, daß ein Einschreiten der Reichs 
behörden notwendig wurde und besondere Maßnahmen zur Erfassung 
und Verteilung der vorhandenen Kartoffelvorräte getroffen werden 
mußten. Die zunächst gehegte Hoffnung, daß es sich hierbei nur 
um vorübergehende Schwierigkeiten und Stockungen in der Ver 
sorgung handle, und daß eine dauernde Bewirtschaftung der Kar- 
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