Volltext: Der Zucker im Kriege [Heft 12/13]

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angesichts der unsicheren Lage das Wagnis großer Bestände nicht auf 
sich nehmen. Anderseits erschwerte auch der Umschwung in den 
Zahlungsbedingungen, der Übergang vom Kredit zur Barzahlung, dem 
Handel die Aufnahme größerer Warenmengen. Der Handel lebte 
gewissermaßen von der Hand in den Mund. Geringfügige Störungen 
in der Fabrikation und Erschwerungen im Verkehr konnten in ein 
zelnen Orten zeitweise Zuckerknappheit hervorrufen. Die Ersetzung 
der zum Heeresdienste einberufenen geschulten Kräfte der Fabriken 
durch ungeschulte Hilfskräfte, vielfach auch der Mangel an einzelnen 
Materialien und an Gespannen verzögerte in den Siedereien die Ver 
brauchszuckererzeugung. Truppenverschiebungen und Anfuhr von 
Kriegsmaterial an die Front nahmen den größten Teil des rollenden 
Materials und der Verkehrslinien in Anspruch und verhinderten die 
rechtzeitige Zufuhr von Zucker nach einzelnen Teilen des Reiches oft 
auf längere Zeitdauer. Der steigende Zuckerbedarf zur Herstellung 
von Süßigkeiten und Aufstrichmitteln nahm gerade in dieser Zeit 
große Zuckermengen in Anspruch, die dadurch dem Handel und dem 
unmittelbaren Verbrauche entzogen wurden. 
Die Folgen der gegen Ende April sich zeigenden Unruhe aus dem 
Zuckermarkte waren gesteigerte Nachfrage von seiten der Verbraucher 
und des Handels und ein Anziehen der Groß- und Kleinhandelspreise. 
Die Entwicklung der Preise und besonders die sprunghafte Steigerung 
seit April zeigt die umstehende Tabelle, die Jakobs unter Benutzung 
amtlichen Materials und eigener Ermittlungen erstellt hat. 
Daß der Rückgang der Zuckcrrüben-Anbaufläche die Erwartungen 
derer übertreffen würde, die ihn mit allen Mitteln fördern zu müssen 
geglaubt hatten, stand damals schon ziemlich fest; man hatte also mit 
einer wesentlich geringeren Erzeugung im nächsten Betriebsjahre zu 
rechnen. Die gesteigerte Nachfrage nach Zucker infolge der mannig 
faltigen Verwendungsarten, die steigenden Preise und der mit Be 
stimmtheit zu erwartende Rückgang in der Erzeugung eröffneten für 
das Betriebsjahr 1915/16 günstige Aussichten auf Verwertung des 
Zuckers zu besser lohnenden Preisen, als sie im laufenden Betriebsjahre 
möglich gewesen war. An Stelle des bisherigen Bestrebens nach 
einer schnelleren Verwertung der Bestände trat bei Fabriken und beim 
Handel das Bestreben der Sammlung und Erhaltung großer Bestände 
zur günstigen Verwertung im neuen Betriebsjahre. 
Diesen veränderten Umständen hatte die Reichsregierung 
bei der Regelung des Zuckerverkehrs im Zeitabschnitt vom Mai bis 
November 1915 Rechnung zu tragen. Die von ihr in diesem Zeit 
raume getroffenen Maßnahmen erstreckten sich danach auf eine Er 
höhung des zum steuerpflichtigen Jnlandsverbrauche abzulassenden
	        
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