Volltext: Die Nahrungswirtschaft des Auslands [Heft 9]

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organe und überhaupt in der behördlichen Beeinflussung nnd Lenkung 
der Nahrungsmittelversorgung die Wurzel alles Übels sieht. Die 
Vertreter dieser Auffassung vergessen dabei, daß die Segnungen einer 
vom Staate unabhängigen und unbeeinflußten Volkswirtschaft auf 
Voraussetzungen beruhen, die nicht mehr gegeben sind. 
Wenn unter normalen Verhältnissen der Preis der große 
Regnlator ist, der Angebot und Nachfrage einandsr anpaßt, der 
zwischen Vorrat und Bedarf den Ausgleich herstellt, der eine zweck 
mäßige Beschaffung und Verteilung der Waren herbeiführt, so 
ist er das kraft des Umstandes, daß sein Steigen die Erzeugung 
und die Zufuhr fördert, den Verbrauch aber hemmt, während sein 
Sinken die umgekehrte Wirkung hat. Die Veränderlichkeit dieser 
Größen, die Elastizität von Angebot und Nachfrage ist es somit, die ihm 
sei"e volkswirtschaftliche Aufgabe ermöglicht. Ein wirksamer Regu 
lator bleibt er also nur so lange, als auf der einen Seite die Güter 
„beliebig vermehrbar" sind und auf der anderen Seite der Verbrauch 
noch weit über dem Existenzminimum liegt. Der freie Handel ist 
daher nur dort am Platz und pflegt sich nnr dort durchzusetzen, wo 
dieser Fall gegeben ist, also in den Zeiten und Ländern, wo der 
Landwirtschaft noch unbeschränkte Flächen zur Verfügung stehen, oder 
wo der Spielraum für eine Intensivierung der Kulturen noch groß 
ist, oder wo die Verkehrstechnik so weit entwickelt ist, daß jedem 
Mangel durch Zufuhren von außen leicht begegnet werden kann; be 
sonders leicht wird er gegenüber der Industrie triumphieren, als dem 
eigentlichen Produktionszweig der „beliebig vermehrbaren" Waren. 
In der dentschen Nahrungswirtschaft des dritten Kriegsjahrs ist 
jedenfalls die Voraussetzung elastischen Angebots und elastischer Nach 
frage nicht mehr erfüllt. Die Einfuhr ist zum großen Teil unter 
bunden, die alten Reserven sind erschöpft, und aus dem Boden ver 
mag auch der stärkste Preisantrieb keine wesentlich größeren Erträge 
heranszupressen, weil Arbeitskräfte und Gespanne an der Front 
stehen, und weil Dünger und Futtermittel knapp sind. Ja, zu hohe 
Preise, welche geringe Leistungen mit großen Einnahmen belohnen, 
schwächen am Ende den bäuerlichen Erwerbstrieb und gefährden 
damit die Produktion. Wie also der Preis im Kriege die Kraft 
verliert, Waren heranzuschaffen und Vorräte hervorzuzaubern, so 
büßt er anderseits auch die Fähigkeit ein, den Verbrauch einzu 
schränken. Denn wenn dieser bis nahe an die Grenze des Mangels 
und des Hungers herabgedrückt ist, so vermag ihn das zarte und 
empfindliche Instrument des freien Preises nicht weiter zu beein 
flussen. Es wird dann eben ein immer größerer Teil des ganzen 
verfügbaren Einkommens aus Kosten schließlich des übrigen lebens
	        
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