Volltext: Deutschland und Ostasien [14]

«f* 
f 
Ausbau eines Leeres und zur Anschaffung einer Flotte. Dem 
ersteren liehen deutsche Lehrmeister ihre besten Kräfte: ein Meckel 
ist noch heute in Japan unvergessen. Die Flotte stützte sich natur¬ 
gemäß auf britische Erfahrungen. Japans größte Fähigkeit ent¬ 
wickelte sich in der Übernahme fremder Zivilisation und Technik. 
Latte man erst erkannt, daß ein Volk dem anderen in gewissen 
Fertigkeiten über war, so übernahm man unbekümmert um sonstige 
Freundschaften von ihm das betreffende Wissen. Wie man einst 
über die alte Völkerbrücke Korea chinesische Bildung und Wissen¬ 
schaft überkommen hatte, so entsandte man jetzt Volkswirtschaftler, 
Mediziner, Juristen und Techniker nach aller Lerren Länder, um 
das Beste von überall her zum Preise des Mikado zusammen¬ 
zuholen. Der Geist, die Kultur blieben japanisch, die Technik, 
der Betrieb, wurden international modern. Japan hatte das 
Glück, in diesen Jahren in Mutsuhito einen Kaiser zu besitzen, 
dessen stärkste Leistung darin lag, daß er sich klugen Beratern 
völlig unterordnete. Wer in der Lerde des im ganzen urteils¬ 
losen und an Einzelpersönlichkeiten nicht allzu reichen Volkes her¬ 
vorragte und es verstand, sich hervorzutun, der hatte als Führer 
verhältnismäßig leichtes Spiel. Noch heute wird Japan über 
alle Spielereien eines Parlamentes — in das gewählt zu werden 
wesentlich eine Finanzfrage ist — und eines verantwortlichen 
Kabinetts hinweg in Wirklichkeit regiert von den alten Genros, 
einem geheimen Rate verdienter Staatsmänner und Militärs, 
die ihren Kreis selber wählen und ergänzen. Man kann nicht 
sagen, daß Japan bei diesem System schlecht gefahren wäre. 
Eine Armee und eine Marine wurden geschaffen, allgemeine 
Schulpflicht wurde eingeführt, die Landelsverträge wurden von 
Jahrzehnt zu Jahrzehnt günstiger, das Recht der Exterritorialität 
der Fremden schwand, eine eigene Industrie wurde unter be¬ 
trächtlichen Schwierigkeiten aus einem Nichts hervorgezaubert, 
das an sich arme und bedürfnislose Volk wurde zu modernen 
Bedürfnissen erzogen. Das alles war geleitet von der sicheren 
Erkenntnis, daß der ferne Osten gegenüber dem Westen in der 
Kultur und Technik weit zurückstand, daß die Landelsausbreitung 
der westlichen Völker über kurz oder lang auch Ostasien ergreifen 
müsse und daß dann auch die nationale Selbständigkeit dieser 
Völker bedroht schiene, wenn sie nicht mit gleichen Methoden den 
westlichen Völkern entgegentreten könnten. Zu solcher Erkenntnis 
9
	        
Waiting...

Nutzerhinweis

Sehr geehrte Benutzerin, sehr geehrter Benutzer,

aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Webtechnologie, die im Goobi viewer verwendet wird, unterstützt die Software den von Ihnen verwendeten Browser nicht mehr.

Bitte benutzen Sie einen der folgenden Browser, um diese Seite korrekt darstellen zu können.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.