Volltext: Deutschland und Ostasien [14]

das heimische England gebannt durch das Gespenst der deutschen 
Gefahr. Der Aufschwung des deutschen Landels bereitete den 
Äandelsherrn an der Themse schwere Sorgen, und der Ausbau 
der Flotte wurde mißtrauisch verfolgt. Die letzten 20 Jahre strebte 
England danach, seine möglichst ungeschwächte Flotte in den hei¬ 
mischen Gewässern zum alsbaldigen Losschlagen bereitzuhalten. Das 
hatte zur Folge, daß die Flottenvertretung Großbritanniens im 
fernen Osten in ihrer Stärke längst nicht den Interessen Indiens 
und Australiens entsprach, daß England im Gelben Meere schwächer 
vertreten war, als zeitweise Amerika und Deutschland zusammen. 
Man sah sich nach einem Platzhalter, nach einem Torwächter in 
Ostasien um und fand Japan. Ein Bündnis mit Japan konnte 
in England verlockend erscheinen und gute Zwecke erfüllen. Japan 
wurde gestärkt und wurde ein mächtiger Gegner für das mit 
England in starken Gegensätzen lebende Rußland, dessen Expansions¬ 
druck in Mittelasien England bitter empfand. Äier leistete der 
Bundesgenosse das Erwartete, indem er Rußland im Kriege 
1904/05 besiegte und England von diesem Drucke etwas befreite. 
Die Bundesgenossenschaft Japans schien aber weiter von Vorteil, 
weil in Japan dieses Bündnis wie eine Krönung der Großmachts¬ 
gelüste wirkte, wie eine Anerkennung durch die mächtigste Seemacht 
der Welt, und weil dieser Parvenüstolz eine innere Abhängigkeit 
Japans von seinem Bundesgenossen zu gewährleisten schien. 
Schließlich war Japan als Bundesgenosse auch besser im Zaum 
zu halten und zu kontrollieren, denn als Feind. Diese Rechnung 
trog dann allerdings später im chinesischen Wettbewerb empfindlich. 
Das englisch-japanische Bündnis vom Jahre 1902 wurde in dem 
rassenstolzen England nicht gerade mit Begeisterung, bei den Eng¬ 
ländern in Ostasien und ihren Kolonialen geradezu mit Wut und 
Laß begrüßt. In der Gegnerschaft gegen den körperlich und 
moralisch ungern gelittenen Japaner sind sich die Weißen im 
fernen Osten einig. And die Wut mancher dieser enttäuschten 
Engländer lenkte sich gegen Deutschland, weil man ihnen von 
London aus erklärte, der Feind Deutschland mache ein solches 
Bündnis in Ostasien nötig. Anter solchen Vorstellungen wurde 
auch der hervorragende Australier Morrison, der in Peking lange 
Jahre die Timespolitik machte, ein Gegner Deutschlands. Immer¬ 
hin hatten die Japaner an der englischen Bundesgenoffenschaft 
keine reine Freude. England unterstützte sie nicht bei den Friedens- 
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