Volltext: Deutschland und Ostasien [14]

mus, und niemand freute sich mehr über die Niederlagen des 
Chinesisch-Japanischen Krieges als der chinesische Süden, der dem 
Norden diese Schwächung gönnte. Fremde Eroberer suchten ihre 
zentrale Lerrschaft dadurch zu stützen, daß sie die Provinzen 
klein hielten, daß sie keiner Provinz einen eingeborenen Gouver¬ 
neur gaben und auch noch die Amtszeit der sremdgeborenen Pro¬ 
vinzbeherrscher auf drei Jahre beschränkten. Ein dauernder Wechsel 
schuf aber dauernde Korruption, verhinderte das Aufwachsen eines 
bodenständigen Beamtentums, vergrößerte die Kluft zwischen 
Beamtentum und Bevölkerung und wirkte so im Grunde doch 
reichsfeindlich, indem eine starke Stimmung „gegen Peking" ent¬ 
stand. Dazu kamen die gewaltigen sprachlichen und klimatischen 
Unterschiede zwischen dem ruhigen, kühlen, überlegten, bäuerlich 
hartnäckigen und vielleicht manchmal etwas beschränkten Norden 
und dem geschäftlich gewandten, durch zahlreiche Auslandsver¬ 
bindungen mit neuen Ideen erfüllten, impulsiven und intelligent 
regsamen Süden. Der Norden trug willig und gern die „Fremd¬ 
herrschaft" der übrigens rasch sich mit dem Chinesentum ver¬ 
schmelzenden Mandschudynastie, der Süden agitierte beständig 
gegen sie. Es war nicht schwer, hierfür Material zu gewinnen. 
Während Japan sich willig dem Europäertum in die Arme warf, 
um von ihm zu lernen, um ihm alles abzuschauen, und um es 
im Innern doch tief und gründlich zu verachten, schloß sich China 
von vornherein dagegen ab. Alle Äandelsentwicklung mußte 
China abgerungen werden, die Öffnung jedes einzelnen Äafens 
erforderte langwierige Verhandlungen, ja des öfteren Kriege. 
And wenn auch manche unter ihnen, zuvörderst der Opiumkrieg 
der Engländer, kulturell nicht gerade ein Ruhmesblatt in der 
Geschichte der kriegführenden Europäer sind, so galten sie doch 
alle der stetigen Äandelserschließung des störrischen und unzu¬ 
gänglichen Reiches der Mitte. Die ganze Geschichte seit 1840 
ist eine Kette von diplomatischen und kriegerischen Niederlagen 
der chinesischen Regierung, die besonders vom Süden bitter 
empfunden wurden, weil dessen Söhne durch die Handelsbeziehungen 
viel ins Ausland kamen und dort westlichen und amerikanischen 
Geist atmeten. In ihrer impulsiven Art wünschten sie westliche 
Richtung in ihre heimatliche Politik verpsianzt zu sehen, ohne 
daran zu denken, daß dafür alle Erziehungs- und Bildungsvor¬ 
bereitungen gänzlich fehlten. Aus solchen Gegensätzen entwickelte 
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