Volltext: Die Juden und Judengemeinden Böhmens in Vergangenheit und Gegenwart I. (1 (1934) ;)

13. Lobi Lichten, stadt (Arje Sohn des Meir), 
70 Jahre alt, Witwer, Leinwandhändler. Er erhielt 
einen Schuß mitten in die Stirn. Löbl Lichtenstadt 
stammte aus Prag, und war seit 1710 in Leipa an¬ 
sässig. Sein Weih hieß Chaile, sein Sohn Herschel. 
14. Markus Caan (Meir Kohen), 71 Jahre alt, 
verheiratet. Ihn traf ein derart furchtbarer Pallasch¬ 
hieb in den Bauch, daß die Eingeweide hervortraten. 
Markus war Fellhändler und seit 1702 in Leipa an¬ 
sässig. 
15. Wolf Jakob (Benjamin Sohn des Jakob), 60 
Jahre alt, Lederhändler und verheiratet mit Esther. 
Sein Tod erfolgte durch Kolben- oder Axthiebe in 
die Stirn. Seine beiden Söhne hießen David und 
Siniche. 
16. Jakob Kaan (Jakob Kohen), 37 Jahre alt, ver¬ 
heiratet. Er erhielt einen Schuß in den Unterleib von 
hinten und starb infolge innerer Verblutung. Jakob 
war wahrscheinlich der 1724 erwähnte älteste Sohn 
Jekef des aus Polen stammenden früheren Leipaer 
Rabbiners Markus Kohn und seiner Gattin Duschene. 
17. Nathan Gotti (Nathan Sohn des Jedidja, 
Notti, Sohn des Gatl), 18 Jahre alt. Er starb infolge 
eines Herzschusses. 
18. (Aaron), Sohn des ermordeten Löbl Israel, 
ein einjähriger Knabe. Er war an Kindsblattern er¬ 
krankt und starb infolge mangelnder Pflege. 
19. Lamel Löbl (Ascher), 72 Jahre alt, verheira¬ 
tet. Durchschuß des Unterleibs von hinten gegen die 
linke Hüfte, wo die Kugel wieder heraustrat. Nach 
der Konskriptionsliste von 1724 stammte Lamel aus 
Libochowitz, war Botengänger und wohnte in der Ju¬ 
denschule. Sein Weib hieß Fradele, seine Söhne Aron, 
David, Hersehl, seine Tochter Sora. 
20. Ein Knabe (wahrscheinlich hieß er Iisserl S a- 
1 o m o n), anderthalb Jahre alt. Er war an Kindsblat¬ 
tern erkrankt und starb infolge mangelnder Pflege. 
21. Salomon Postelberge r (Salomon Sohn des 
Elieser), 80 Jahre alt (die „Wortgetreue Abschrift44 
nennt ihn 94jährig), Witwer, infolge von Axt- oder 
Kolbenhieben erlitt er einen Schädelbruch mit Ver¬ 
letzungen des Gehirns und starb fünf Tage später. Er 
war der hochangesehene gewesene Schulmeister der 
Gemeinde. Im J. 1724 ist er mit seiner Gattin Rösel 
und zwei Enkeln Lazar und Gütel konskribiert. Salo¬ 
mon war der Vater des 1746 verstorbenen Prager 
Rabbinatsassessors und Schulrektors Abraham Postel- 
berger. 
22. Tochter des ermordeten Israel Altschul, ein 
halbes Jahr alt, starb infolge mangelnder Fürsorge. 
23. Schüffere (Schifra), 65 Jahre alt, Witwe 
nach dem Leinwand- und Spitzenhändler Chaim Her¬ 
schel (Wolf), Mutter des Lippmann. Sie istarb an den 
Folgen eines Schusses in die Lebergegend. 
24. Güttel (Gittl, Jitl), 28 Jahre alt, ledig, 
Tochter des gleichfalls ermordeten Leinwandhänd¬ 
lers Simon Bunzel. Sie erlag einem Lungenschusse, 
der aus nächster Nähe abgefeuert wurde. Die Kugel 
drang durch die rechte Brust ein. Die Ausschußöff¬ 
nung befand sich unter der rechten Schulter. 
25. Gü t t e 1 (Giti), 55 Jahre alt, Ehefrau des Le¬ 
derhändlers Mendel Markus, dessen Vater aus Prag 
stammte und 1718 in Leipa seßhaft geworden war. 
Erhielt einen Pallaschhieb in den Hals. 
26. Mus chat (Muskat), 18 Jahre alt, ledig, 
Tochter des Jakob Altschul, Silberhändlers, und 
seines Weibes Libka. Sie erhielt zwei Schüsse, deren 
Kugeln durch den rechten Arm, beziehungsweise 
durch die rechte Brust eindrangen, die Lunge und 
das Herz durchbohrten. 
27. Händel (Hendel), 55 Jahre alt, Witwe, wahr¬ 
scheinlich nach dem aus Raudnitz stammenden Leder¬ 
händler Siniche Löwi. Sie erlitt den Tod durch einen 
Pallaschhieb, der den Schädel hinter dem linken Ohr 
spaltete und bis ins Gehirn drang. 
28. Do rei (Sarah), 13 Jahre alt, Tochter des 
ebenfalls getöteten Moyses Hammerschlag. Die 
„Wortgetreue Abschrift44 nennt sie Tochter des Da¬ 
vid. Sie war aber die Enkelin David Hammerschlags, 
29. Eine fremde Jüdin, 36 Jahre alt, die im Wochen¬ 
bette infolge des Schreckens oder mangelnder Pflege 
starb. 
(30.) Zebi Asarja (Hirsch, Sohn des Säbel), er¬ 
hielt 4 Schüsse auf der Flucht und starb infolge 
seiner schweren Verwundung am 23. Feber. Er ist 
im amtlichen Verzeichnis nicht enthalten, dafür aber 
im Bußgebete und in der „Wortgetreuen Abschrift44. 
* 
Mit diesem traurigen Ereignis schließt der alte Teil 
der Geschichte der Juden in B. L. (Vgl. Dr. J. Berg!, 
Der Judenmord in B. L. am 9. Dezember 1744.) 
* 
Rabbiner: Marcus B r u m o v 1800—1819, Lazar 
Fürth 1823, Rafael Gabriel Mautner bis 1832, 
Marcus H a 1 1 e r bis 1839, Hersch Ha m bürge r, 
später Rb. in Emden, bis 1851. Daniel Ehrmann, 
später Rb. in Brünn, bis 1860, Dr. S. Beck bis 1864, 
Dr. Josef B. Lehmann bis 1867, Dr. Joel Müller 
bis 1872, Dr. S. Flaschner bis 1881, Dr. Adolf 
Leimdörfer bis 1892, Dr. Josef Wiesen, dzt. in 
Eisenach, bis 1902, Dr. Johann K r e n g e 1, dzt. in 
Ratibor, Iiis 1920, Dr. Moritz Müller, dzt. in Klat- 
tau, bis 1923, gegenwärtig Dr. Bernhard W o 1 1 f. 
In den Jahren 1880—1917 wirkte hier der in der 
Kantorenwelt bestbekannte Hermann Bermann; sein 
zweibändiges Werk „Schire zwi44 zeugt von seinem 
hervorragenden Können. 
Die Zierde der Gemeinde und zugleich der Stadt. 
B. L. bildet die im J. 1862 im maurischen Stile er¬ 
baute Synagoge. Im J. 1905 wurde der alte Friedhof 
aufgelassen und der neue eingeweiht. Die Friedhofs¬ 
halle ist in morgenländischem Stil erbaut und trägt 
den weithin sichtbaren Stern Davids. Im J. 1782 wur¬ 
den offizielle Matriken angelegt. Ersprießliches leistet 
in der Gemeinde die seit dem Bestände der Gemeinde 
wirkende Ch. K., an deren Spitze derzeit Herr Kom- 
merzialrat Louis Oesterreicher steht. Sein Wir¬ 
ken reiht sich dem seiner sehr verdienten Vorgänger 
Heinrich Oesterreicher und des T. V. Rat Al¬ 
bert B o n d y würdig an. In der Gemeinde ist auch 
noch ein „Nause Mizwoverein44, dessen Obmann Ri¬ 
chard T a u s s i g, ein „Bikkur-Cholimverein44 (Kran¬ 
kenpflege), dessen Obmann Rat Adolf Libocho¬ 
witz und ein Jüd. Frauenverein „Benaus Zion44, 
dessen Vorsteherin Berta Adler ist. 
Die Gemeinde besitzt ein im J. 1867 erbautes und 
im J. 1932 renoviertes Gemeindehaus und ein im J. 
1884 errichtetes Stiftungshaus. Stifter Salomon und 
Babette Gans. In kommerzieller Beziehung blickt 
B. L. auf eine glänzende Vergangenheit zurück. An 
der Hebung von Handel und Gewerbe haben auch die 
Juden in B. L. hervorragenden Anteil genommen. Die 
Namen alter jüd. Firmen, wie: Heinrich L o b o s i t z, 
I. H. Alt schul, Emanuel Gans, Salomon Gans, 
Jacob Picks Söhne, Josef Altschul, Ignaz D n h, 
Joisef N. A 1 t s c h u 1, Elias Oesterreicher, Mi¬ 
chael Priester, H. Priester, I. S. Adler sind 
wohl bekannt. 
Ceská Lipa 5 
55 
Böhm. Leipa 5
	        
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