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Ein Unglück wurde nun ein Glück für die Protestanten.
Es brach nämlich ein Streit zwischen dem Kaiser Rudolf und
seinem Bruder Mathias aus, welchem der Kaiser 1608 Mähren,
Ungarn und Österreich unter und ob der Enns abtreten mußte.
Auf Grund des Bruderzwistes wurde in Steyr der protestantische
Gottesdienst wieder öffentlich eingeführt, das Gymnasium
neuerdings errichtet, 1608 am 31. August. Im Jahre 1616
waren in Steyr nur mehr 18 katholische Bürger, welche sich auf
16 verringerten. Gleichwol mußten dem Abte Garstens von dem
Magistrate die Schlüssel zu der Bruderhaus- und der Spitalkirche
übergeben werden, und wurde ein Kapuzinerkloster errichtet. Jetzt
kam im Jahre 1619 Kaiser Ferdinand II. zur Regierung, welcher
der denkbar größte Katholikenfreund war und einen festen Cha¬
rakter besaß. In Prag war im vorigen Jahre wegen Zurück¬
setzung der Protestanten eine Rebellion ausgebrochen, welche der
Ansang des schrecklichen 30jährigen Krieges war. Um einen
Bundesgenossen zu gewinnen, verpfändete. Ferdinand lßVj dem
gleichgesinnten Herzoge Maximilian von Barern --bete Land ob der
Enns; dessen Truppen zogen am 17. August 1620 zu Steyr ein.
Die Baiern blieben hier die Herren bis 5. Mai 1628. Dieser
Zeitraum ist der grausamste, worauf der schrecklichste kam.
Am 12. Oktober 1624 wurden von Commissären in Steyr
die lutherischen Kirchen gesperrt, und wurde in ihrer Gegenwart
das Decret verlesen, daß alle protestantischen Prediger und
Schullehrer binnen acht Tagen das Land verlassen sollen; wenn
nach dieser Zeit noch Einer im Lande angetroffen würde, so soll
er an Leib und Leben gestraft werden. Sie wurden auch wirklich
vertrieben. — Am 10. November mußte die ehemalige Dominikaner-
kirche den Mönchen übergeben werden. Die Protestanten zogen
gewöhnlich zu ihrem Gottesdienste nach Dorf an der Enns, welches
einem Adeligen gehörte, hinab. Viele »ermögliche Bürger Steyrs
zogen aber aus dieser baierischen Stadt nach der Reichsstadt
Regensburg, oder -nach Ungarn unb Niederösterreich, wo die
katholische Reformation nicht so scharf vollführt tourbe. Hierauf
würbe allen Bürgern befohlen, in bie (katholische) Pfarrkirche
zu gehen, u. s. w.