Volltext: Belgier und Balten [59]

Belgien ist das Musterbeispiel für die dualistische Scheidung, 
von der die Romanen nicht mit Anrecht behaupten, daß sie erst 
durch die Germanen in die Welt gekommen sei. And doch hat 
ihnen schon Gobineau gesagt, daß gerade durch diesen Dualismus 
Europa, wie vordem Lellas, erst fruchtbar und das Romanentum 
selbst, das als Keltentum ohnmächtig und gleichgültig war, durch 
Germanisierung erst tüchtig und wichtig geworden ist. 
Nach Belgien hinein setzte sich dieser Dualismus von Deutsch¬ 
land aus am unmittelbarsten fort und erfuhr hier, auf vor¬ 
geschobenem Raffeboden, wie dies im Wesen des Deutschen und 
des Dualistischen nun einmal liegt, eine weitere Spaltung, die 
das Land schließlich in zwei Lälften, die flämische und die wal¬ 
lonische, schied, in denen im Verlaufe der Jahrhunderte zuerst die 
germanische, dann aber die romanische Welt an Ansehen, Einfluß, 
Übergewicht gewann. 
Leute, an einer Wende, da die belgische Regierung sich für 
Frankreich entschied, das belgische Land dagegen alsbald unter 
Deutschland geriet, scheint Belgien zunächst nur ein Opfer der 
ewigen Gegensätzlichkeit des Germanischen und Romanischen zu 
sein, und mußte doch dieses Opfer notwendig werden, weil das 
Problem der wahren blutlichen und geistigen Zugehörigkeit und 
zukünftigen Bestimmung Belgiens viel zu verwirrt ist, als daß 
es je durch ein freies Übereinkommen von Menschen und nicht 
vielmehr nur durch scharfe Machtentscheidung des Schicksals gelöst 
werden könnte. 
Gleichwohl handelt es sich auch jetzt nicht so sehr um Politik, 
als um die Ideen, die hinter der Politik wirken: handelt es sich 
gerade für Belgien in diesem Kriege und nach diesem Kriege 
nicht so sehr um Landesgrenzen, die etwa neu gezogen werden: 
eher schon um die Sprachgrenzen, um die Werbekraft der Rasse, 
die sich an der Sprach Verbreitung nun einmal am leichtesten ab¬ 
lesen läßt; vor allem aber um die Geislesgrenze, um die Werbe¬ 
kraft, die germanische oder romanische Kultur in dem umstrittenen 
Lande künftig ausüben wird. 
Auch England ist an den belgischen Problemen beteiligt: 
aber diese Beteiligung ist nun allerdings ausschließlich politisch. 
Solange Frankreich der Festlandsfeind Englands war, blieben 
die flämischen Länder von englischen Eingriffen verschont: nur 
Calais, auf französischem Boden, war umkämpft; Wern wurde 
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