Volltext: Die Waise von Ybbsthal

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Großmutter gefangen," sagte der zehnjährige Georg; „wir 
müssen gehen und für sie bitten." 
Die Mutter selbst wollte nicht mehr bleiben, und hätte 
sie nicht die Sorge um die Kinder zurückgehalten, sie wäre 
längst schon fortgegangen, die Vermißten zu suchen. 
Endlich wurden sie von ihrer qualvollen Unruhe erlöst. 
Ein mit Ochsen bespannter Schotten hielt vor der Haus¬ 
thüre, und sogleich ließ sich auch die Stimme des Oed¬ 
bauern hören. Man eilte hinaus, um dem Manne behilflich 
zu sein. Aber welch trauriger Anblick bot sich nun dar! 
Die alte Großmutter lag im Sterben. Ihre Äugen waren 
geschlossen, die starren Hände wie zum Beten gefaltet, und 
nur der leise Athem ließ erkennen, daß sie noch lebe. Der 
plötzliche Schrecken und die Anstrengung der Reise hatten 
die wenigen Kräfte der greisen, gebrechlichen Frau erschöpft. 
In dem Augenblicke, als man sie vom Schlitten hob, ver¬ 
schied sie. Der Jammer um die Verstorbene war herz¬ 
zerreißend, und die Enkelkinder, welche ja so sehr an der 
guten Großmutter gehangen waren, wollten sich gar nicht 
beschwichtigen lassen. Man legte den Leichnam indessen 
ins Kämmerlein neben der Stube und beschloß, auf die 
Ankunft und den Rat des Lindbauern zu warten, was 
weiter damit zu geschehen habe. 
Allmählich war es.Tag geworden; die Nacht hatte 
nur Wenigen einige Augenblicke der Ruhe und des Schlafes 
gebracht. Daß der Lindbauer und seine Knechte jetzt noch 
nicht znrück waren, ließ uhnen, daß ihnen im Benehmen 
des Feindes vielleicht etwas verdächtig schien, worüber sie 
durch Zuwarten Gewißheit bekommen wollten. Die Span¬ 
nung wuchs von Minute zu Minute, und endlich beschloß
	        
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