Volltext: Die Waise von Ybbsthal

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Plötzlich ertönte ein lauter Trompetenstoß, auf welchen 
sogleich die lagernden Soldaten aufsprangen und sich in Reih 
und Glied stellten. Ein Krieger in glänzender Uniform 
trat vor sie hin und hielt eine längere Anrede in einer fremden 
Sprache, die Luise nicht verstand. Als er damit zu Ende 
war, entstand ein buntes Treiben am Lagerplatze. Waffen 
und Gepäck wurden aufgelesen, vom nahen Bauerngehöfte 
und den dazu gehörigen Nebengebäuden wurden Wagen und 
Pferde herübergeführt, gefüllte Getreidesäcke und Fässer 
wurden auf die Transportwagen geladen, und schließlich 
brachen die Soldaten auch die Zelte ab, welche hie und da 
aufgeschlagen waren. Alle Anstalten deuteten darauf hin, 
daß der Augenblick des Aufbruches nicht mehr ferne sein 
könne. 
Endlich trat einer der Soldaten an den Wagen heran, 
in welchem Luise sich befand, und bedeutete ihr durch eine 
Geberde, auszusteigen. Sie gehorchte augenblicklich, freilich 
mit pochendem Herzen, und folgte dem Manne durch die 
Reihen der Soldaten hindurch zum Kommandanten, der 
kurz zuvor die Anrede gehalten hatte. Derselbe sprach auch 
ziemlich geläufig deutsch, was nach der Aussage der Leute 
bei den feindlichen Gästen damals eine Seltenheit war. 
Nachdem er erst noch einen gefangenen einheimischen 
Bauernburschen wegen Halsstarrigkeit zu strafen gedroht 
hatte, winkte er Luise, vorzutreten. Sie that es und ver¬ 
neigte sich ehrerbietig vor ihm. 
„Woher bist du, mein Kind?" fragte er sie in ruhigem 
Tone. 
„Von dem Dörfchen dort drunten," antwortete Luise, 
indem sie mit der Hand ins Thal hinabzeigte.
	        
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